Alaska – „The last frontier“
Der Name „The last frontier“, den man auch auf vielen Alaska-Autokennzeichen lesen kann, kommt nicht von irgendwo her, er steht auch als Synonym für „Eines der letzten, echten Abenteuer“. Die nördlichste Grenze des Kontinents taucht dann mitten in den Bergen als einsamer Außenposten vor uns auf. Ob die beiden Beamten die hier Dienst tun strafversetzt worden oder freiwillig hier sind, wagen wir nicht zu fragen, auf jeden Fall sind beide außerordentlich
freundlich, kein Vergleich mit unserer ersten Einreise in die USA. Wir präsentieren der Dame unsere Pässe mit dem B2-Visum und dem Stempel der anzeigt dass wir bis Mitte November im Land bleiben dürfen und der Aufwand das endlose Formular für das Visum auszufüllen und extra nach Wien zum Konsulat zu fahren, zahlt sich jetzt echt aus! Sie ist gleich happy weil sie, genau deswegen, jetzt für uns eben kein Formular ausfüllen muss. Derweil fotografiert ihr Kollege begeistert rundherum unseren Unimog und schon dürfen wir weiterfahren.
Wieder mal keine Durchsuchung, alles easy, alles umsonst versteckt,… . Ab der Grenze gilt jetzt „Alaska Time“, der größte Zeitunterschied von 10 Stunden gegenüber zu Hause ist somit erreicht. An die Mitternachtssonne haben wir uns inzwischen gewöhnt und die dadurch langen Tage sind sowieso super. Ein paar Kilometer nach der Grenze begrüßt uns dann noch das „Welcome to Alaska Schild“ endgültig im nördlichsten Staat der USA.
Der nächste Stopp muss einfach in „Downtown Chicken“ sein. Früher ein Goldgräberstädtchen, das, so sagt man, seine Bewohner nach den hier sehr häufig vorkommenden Schneehühnern, in englisch genannt „Ptarmigan“ benennen wollten. Keiner im Ort konnte aber diesen Namen buchstabieren und so einigten sie sich eben auf „Chicken“ –
und dabei blieb es bis heute. Der „Ort“ besteht aus drei alten Holzgebäuden, in denen ein Souvenirshop, ein Liquor-Store, ein Saloon und ein Café mit kleinem Diner untergebracht sind – also genau alles was man eben so braucht! Innen, also hinter den alten Fassaden, sind die drei Gebäude miteinander durch einen Gang verbunden, sodass die jeweils anwesenden Mitarbeiter (je nach Uhrzeit zwischen einer und drei Personen) alle genannten Stationen bedienen – Für dieses Anforderungsprofil würde man bei uns mit Sicherheit nicht einmal eine einzige Bewerbung erhalten! Aber hier sind alle mit vollem Engagement dabei. In den mit Pole Stange, Discokugel und hunderten von der Decke hängenden BHs echt kultig eingerichteten Saloon kommen am späten Nachmittag auch die „Miners“ aus der Umgebung, das sind Goldgräber, die jeden Sommer hier nach wie vor ihr Glück bzw. nach Gold suchen.
Gestalten wie aus dem Western-Bilderbuch, die aufgrund ihrer Arbeitskleidung und den schmutzigen Stiefeln ihr Bier und Härteres lieber auf der Veranda vor dem Saloon konsumieren. Billy, der hier am Abend wunderbare Drinks für uns mixt, erzählt uns, dass er schon ab und zu dem einen oder anderen dieser Herren seine Schusswaffe abnehmen muss, wenn der Alkoholkonsum zu groß wird. Vor dem Heimgehen kriege derjenige sie dann natürlich vor dem Lokal wieder und Billy hoffe immer, dass sich beim Nach-Hause-Wanken keiner von den Jungs ins Bein schießt. Von Mai bis September jedes Jahr ist er schon seit ein paar Jahren hier in Chicken und im Winter arbeitet er in seinem Heimatort in der Fischindustrie. Er meint lachend auf meine Frage wie lange er den Job hier denn noch machen wolle: „Wenn mir nicht eine Familiengründung dazwischen kommt, sicher so lange ich lebe – Weil es gibt doch nichts besseres als die Sommer hier bei meinen Freunden in Alaska zu verbringen – und überhaupt bin ich viel lieber glücklich als reich!“ – Dem ist doch wieder mal nichts hinzuzufügen.
Wir übernachten direkt neben dem Saloon von „Downtown chicken“ und treffen dort in der Früh noch mit viel Hallo ein paar Burschen vom Attersee, die zum Fischen in Alaska sind. Ich genehmige mir hier seit langer Zeit wieder einmal ein großes, wunderbares Frühstück inkl. richtig fetten Bratkartoffeln, handle mir jedoch beim Kellner einen verständnislosen Blick ein, als ich ihm, in meinen Pappbecher mit Kaffee blickend, in dem man bis zum Boden sehen kann, sage, dass ich eigentlich keinen Schwarztee wollte,… – Nein, das mit dem Kaffee funktioniert eeecht nicht in diesem Land!
Wir setzen dann unseren Weg nach Fairbanks bei Traumwetter fort, man kann kaum glauben, dass man sich in Alaska befindet, schon am Vormittag schwitzen wir bei über 25 Grad, in der Sonne ist es noch um einiges wärmer. Wir genießen dann einzigartige Ausblicke von der Straße, die sich noch immer in hohen Lagen bis hinauf durch die letzten Schneefelder hinzieht und wo es auch wieder angenehm kühl wird.
Als wir in der Nähe von Tok zum Tanken halten, bleibt neben uns ein Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen stehen und aus diesem steigt Theo aus Norddeutschland, ein rüstiger Herr, mit dem wir uns eine Zeit lang unterhalten. Er erzählt uns, dass er, gemeinsam mit seiner Frau, viele Jahre überall auf der Welt unterwegs war, unter anderem hatte er auch zwei Unimogs, was uns natürlich besonders interessiert. Die beiden waren 2019/20 in Mexico, wollten dann hinauf nach Alaska, dann kam Corona dazwischen, sie stellten das Wohnmobil in Mexico unter (das ist dort für zehn Jahre problemlos möglich) und flogen nach Deutschland zurück. Tragischerweise starb dann Theo’s Frau. Nun ist er unterwegs, um die zu zweit begonnene Reise zum Gedenken an seine Frau zu beenden. Seine Geschichte berührt uns natürlich in diesem Moment besonders und sie zeigt uns wieder einmal, wie schnell sich das Leben ändern kann und wie glücklich wir uns schätzen dürfen, zu zweit unterwegs zu sein.
Bei Santa Claus „am Nordpol“ und „Im Goldrausch“
Nicht verpassen
dürfen wir natürlich einen Halt in „North Pole“ im „Santa Claus House“. Hier, wo nach Meinung der amerikanischen Kinder, der Weihnachtsmann zu Hause ist, herrscht das ganze Jahr über Weihnachtsstimmung.
Natürlich müssen wir amerikanischen Kitsch-Christbaumschmuck für unseren nächsten Christbaum kaufen (wo der wohl stehen wird?) und stehen gerührt vor der großen Tafel auf der viele Briefe zu lesen sind, die von Kindern aus aller Welt an Santa geschickt wurden. Ihn selbst treffen wir leider nicht an, wir sehen nur die Tür zu seinem Office, laut Auskunft der Shop-Mitarbeiter haben er und seine Elfen gerade wirklich viel zu tun, ist ja verständlich, weil das nächste Weihnachten kommt auch in Amerika ganz bestimmt,… .
Wir erreichen Fairbanks, den Verkehrsknotenpunkt von Alaska und sind verwundert, dass trotz Schönwetters die Stadt unter einer Art Dunstglocke zu liegen scheint und dass es überall nach Rauch riecht. Wir erfahren dann von Feuerwehrmännern, die wir zufällig in der Stadt
treffen, dass derzeit ca. 50 Waldbrände im Einzugsgebiet von
Fairbanks aktiv sind. Jedes Jahr in den Sommermonaten entzünden sich in Alaska hunderte solcher Brände, teils selbstständig durch Blitzschlag oder leider auch durch achtlos weggeworfene Zigaretten oder schlecht gelöschte Lagerfeuer. Im Moment herrsche besonders extreme Brandgefahr sagen sie uns, daher wären auch Lagerfeuer derzeit verboten. Wir schauen uns kurz an und beschließen, ihnen eher nicht zu erzählen, dass wir am Vorabend, an einem
wieder einmal besonders schönen
Übernachtungsplatz mitten im Wald, direkt am „Gerstle River“, nur in einem Steinkreis ein großes Lagerfeuer angezündet hatten – Glück gehabt, dass nichts passiert ist und dass uns keiner dabei erwischt hat, obwohl wir von der nahegelegenen Brücke aus, über die dort die Hauptstraße
führt, gut zu sehen waren!
Gelöscht werden die großen Waldbrände nur dann, wenn Menschen oder Gebäude oder – wie hier besonders wichtig – die „Trans-Alaska-Pipeline“ in Gefahr sind, der Rest brennt so lange weiter, bis es von selbst aufhört. In diesem Jahr ist es rund um Fairbanks besonders schlimm, daher liegt die Rauchwolke ständig über der Stadt, sogar tote Feuerwehrleute hätte es heuer schon gegeben, so werden wir informiert. Derzeit sei die Straße hinauf zur Prudhoe Bay, unserem nördlichsten Ziel, aber offen und wir hoffen, dass uns keine weiteren Brände einen Strich durch unsere Pläne machen. Wir verbringen dann in Fairbanks noch einen wunderbaren Abend bei köstlichem, gegrillten Alaska-Lachs in einer Art Biergarten, der „Alaska Salmon Bake“ und fühlen uns hier schon richtig angekommen.
In der Nähe von Fairbanks steht dann endlich an, was mir schon schon seit Dawson City unter den Nägeln brennt. Wir versuchen unser Glück beim Goldwaschen im „Gold Dredge Nr 8“ und erleben dort einige
wirklich tolle Stunden, unter anderem bei einer Zugfahrt durch die alte Goldgräberstätte inkl. interessanter Informationen über das wirklich beschwerliche und gefährliche Leben der Miners in den Zeiten des Goldrausches. Außerdem erhalten wir eine
Unterweisung im „Gold panning“, also Goldwaschen, die wir dann am Schluss bestmöglich versuchen umzusetzen. Es ist wieder einmal gar nicht so einfach wie es aussieht, aber letztendlich habe ich Gold im Wert von 12 Dollar in meinem Sieb, Karl hat
17 Dollar geschafft, obwohl ich in unbeobachteten Momenten sogar noch ein paar Goldflakes aus seiner Pfanne stibitzt habe. Wie von den Organisatoren natürlich geplant, investieren wir unseren Gewinn und noch einiges dazu, umgehend
wieder in deren Shop, wo man das selbst gewaschene Gold in Schmuckstücke einarbeiten lassen kann und vieles mehr. Egal, ist doch super, wenn ein Geschäftsmodell funktioniert, ich freue mich über mein Armband mit meinem selbstgewaschenen Gold und es war ein wirklich toller Tag. Zumindestens wissen wir jetzt grundsätzlich wie’s geht, vielleicht ergibt sich ja mal wieder die Gelegenheit, unsere Kenntnisse irgendwo anzuwenden.
„Auf dem „Dalton Highway“ zur Prudhoe Bay“
Wir füllen in Fairbanks noch einmal alle unsere Dieseltanks und begeben uns auf den „Dalton Highway“, die nördlichste Straße des amerikanischen Kontinents, der 140 km hinter Fairbanks beginnt. Es gibt auf den nächsten 670 km, die uns, fast ausschließlich auf Schotter, bis hinauf zum Polarmeer führen, nur eine Servicestation in Coldfoot, dann erst wieder eine am Straßenende in Deadhorse. Bis zum Polarkreisschild, dem
„Arctic Circle“, das sich nach den ersten 185 km befindet, sehen wir noch einige Wohnmobile, dann begegnen uns nur mehr Trucks, die diese Strecke beruflich fahren und – meistens – langsam an uns vorbeifahren und damit freundlicherweise unsere eh schon lädierte Windschutzscheibe schonen. Als ständiger Begleiter
zieht sich die Trans-Alaska-Pipeline mal rechts, mal links von uns dahin. Die, im Privatbesitz einiger der größten Ölfirmen stehende, 1.287 km lange, Pipeline befördert seit ihrer Fertigstellung 1977 das in der Prudhoe Bay im Norden von Alaska gewonnene Öl in den eisfreien Hafen von Valdez (wo sich 1989 das schwere Unglück mit dem Supertanker „Exxon Valdez“ ereignete, bei dem 41
Mio Liter Rohöl eine riesige Naturkatastrophe auslösten) im Süden des Landes. Durch das fast ständig zugefrorene Polarmeer im Norden ist das der einzige mögliche Transportweg für das Öl. Die höchstmögliche Förderkapazität von bis zu 340 Mio Liter pro Tag wird aber schon seit vielen Jahren nicht mehr genützt, nur mehr weniger als ein Drittel dieser Menge fließt täglich durch die Rohrleitung. Warum das so ist, kann oder will uns keiner so genau sagen, für sehr wahrscheinlich halten wir natürlich die Sorge der Ölgiganten nach Preisstabilität. Bei unserem Goldwaschabenteuer hatten wir Gelegenheit, die Pipeline ganz aus der Nähe zu betrachten und auch mal einen interessanten Blick in deren Innenleben zu werfen.
Außer den LKWs begegnen uns auf dem „Dalton Highway“ noch einige, verwegene Motorradfahrer, die den riesigen Staubfahnen trotzen, die jedes Fahrzeug hier unweigerlich hinter sich herzieht und – zu unserem echten Erstaunen – der eine oder andere Fahrradfahrer. Warum man diese Strecke, die ständig über Hügel steil bergan und bergab führt, durch die teils unwirtliche Tundralandschaft und den Millionen von Moskitos, mit dem Fahrrad bewältigen will – für uns ist das völlig unverständlich, aber wir zollen diesen Fahrradfahrern wirklich höchsten Respekt!
Was uns leider auch weiterhin begleitet sind die Waldbrände. Immer wieder
sehen wir hohe Rauchsäulen, einmal sogar lodernde Flammen von der Straße aus und fahren durch abgebrannte Wälder, in denen nur noch verkohlte Stämme übrig sind. Diese erholen sich, wie wir ebenfalls immer
wieder staunend sehen, nach einigen Jahren anscheinend von selbst und sogar aus den
schwarzen Stämmen wachsen wieder neue Bäume, die Natur ist halt ein echtes Wunder. Wir beobachten die Brände mit wachsender Sorge und hoffen vor allem, dass die Straße nicht doch noch plötzlich gesperrt wird.
Froh sind wir, dass wir inzwischen mit Klettbändern den dichten Vorhang an unserer Kabinentür montiert haben, denn sobald man anhält, ist man umzingelt von unzähligen, durstigen, Riesenmoskitos. Karl’s Blut haben sie ja nicht so gerne, er wird wenig gestochen, aber ich bin ihnen trotz meines fortgeschrittenen Alters wohl noch immer süß genug und sie peinigen mich ständig. Gut ist das ganze nur für meine streng rationierten Parfumreserven, denn der einzige Duft den ich seit Yukon trage heißt „Off“, das ist der für mich einzige, wirklich wirksame, Moskitospray, den es hierzulande auch noch im kleinsten Laden jedes Orts zu kaufen gibt. Ich bin ständig am Sprühen und am Abend bin ich umringt von vor sich hinglühenden Moskitospiralen, damit ich überhaupt draußen sitzen kann. Gott sei Dank bleiben wir von den gefürchteten „Black flies“ fast zur Gänze verschont, laut Aussage der Einheimischen kommen die heuer wohl erst später, da die gesamte Vegetation in diesem Sommer durch den ungewöhnlich harten und langen Winter Verspätung hat. Wir haben uns ja beim Kauf der neuen Fenster für die Wohnkabine, nach langer Überlegung, gegen die engmaschigen „Black-flies-Netze“ entschieden, da diese so fein sind, dass sie kaum noch Luft durchlassen. Unsere Moskitonetze hätten uns vor diesen winzigen, bissigen Viechern nicht geschützt und so sind wir wirklich froh, dass uns wenigstens diese Plage, mit wenigen Ausnahmen, erspart geblieben ist.
Wir stoppen nur kurz in „Coldfoot“, das eigentlich nur aus einem staubigen Parkplatz mit zwei Tanksäulen, einem Wasserhahn und einer Truckerstation, diese allerdings mit wunderbarem Hausmannskost-Büffet (die Trucker hier müssen wahrscheinlich bei Laune gehalten werden!) besteht. Wir überqueren den Atigun Pass, mit 1.444 m der
höchste Pass Alaskas und führte die Staße vorher noch abwechselnd durch dichte Wälder, allerdings mit einer für einen so kurzen Sommer wirklich
unglaublichenBlumenpracht links und rechts der Strecke, breitet sich danach nur mehr die endlose Tundra mit ihren Sümpfen, kleinen, hellblau glitzernden Seen und Wasserläufen links und rechts der Straße vor uns aus. Das trockene
Wetter hat uns bisher zu einer relativ angenehmen Fahrt auf dem „Dalton Highway“ auf teilweise Schotter, teilweise planierter Erde verholfen. Die Straße verläuft ab hier auf einem hoch aufgeschütteten Damm, in den zum Schutz vor dem unbarmherzigen Permafrost Plastikplanen eingelegt werden. Zur Absicherung stecken an der Seite des Damms Stangen, ähnlich
unseren Winter-Schneestangen,
allerdings mit einem nach innen gedrehten, reflektierenden Querbalken, die verhindern sollen, dass man zu weit nach außen gerät, wo oft tiefe und breite Frostfurchen lauern, die immer wieder zu großen Löchern einbrechen. Der kurze, schneefreie Sommer zwischen Ende Mai und September wird natürlich für die Erhaltung und Erneuerung der Straßenabschnitte genützt. Wir treffen auf eine 30 km lange Baustelle
und müssen, als einziges Touristenfahrzeug unter lauter Trucks, wie in Amerika üblich, auf ein „Pilotcar“ warten. Dieses – ähnlich einem „Safety-Car“ beim Formel I, fährt dann vor der Kolonne her und stellt sicher, dass niemand die Geschwindigkeitsbegrenzung überschreitet, wahrscheinlich in „Good Old America“
wieder mal auch eine Versicherungssache. Am Ende der Baustelle dreht das Pilotcar dann um und pilotiert die inzwischen hier aufgelaufene Kolonne in der Gegenrichtung. Der Dalton Highway ist das ganze Jahr über geöffnet, weil über ihn die hauptsächliche Versorgung der Menschen die an der Prudhoe Bay arbeiten läuft. Die Trucker die hier auch im Winter bei Schnee, Eis und Lawinen diese Strecke bewältigen, haben wirklich unsere allergrößte Hochachtung!
Dann tauchen vor uns die ersten Ölbohrtürme auf und wir nähern uns dem nördlichsten Punkt unserer Reise. Das letzte Straßenstück ist dann tatsächlich asphaltiert, was anscheinend einige Verrückte auch hier zum Schnellfahren auf dem
hoch aufgeschütteten Straßendamm verleitet, wie die daneben bzw, unterhalb liegenden Autowracks eindrucksvoll zeigen. Deadhorse und Prudhoe Bay – unter diesen klingenden Namen stellt man sich ein romantisches Städtchen und eine wunderschöne Küste am Polarmeer vor, aber wir wissen natürlich bereits aus vielen Reiseberichten dass dem keineswegs so ist. Die beiden Orte sind eigentlich längst zu einem einzigen zusammengewachsen und bestehen ausschließlich aus einer riesigen Ansammlung von Industrie. Firmen jeglicher Art, die auch nur im weitesten Sinn mit der Ölindustrie zu tun
haben, sowie eine unendliche Anzahl von Schneeräumfahrzeugen und Maschinen jeder Bauweise zur Straßenerhaltung
findet man aufgereiht vor riesigen Lagerhallen. Im Sommer sind es ca. 2.500 Menschen die ständig hier arbeiten, während der Hauptsaison im Winter bis zu 10.000. Zusätzlich gibt es noch einen General Store, wo es von Lebensmitteln über Kleidung, Werkzeug, bis zu Souvenirs, inkl. einem Postamt einfach alles gibt,
ein Containerhotel, neben dem sich, als wir vorbeifahren, gerade ein paar Rentiere herumtreiben, einen Flughafen
und eine Tankstelle mit absoluten Wucherpreisen. Umgerechnet fast 70 (!) Cent pro Liter kostet der Diesel hier mehr als noch auf der Truckerstation in Coldfoot, das sich ja auch mitten in der Einsamkeit befindet – Angebot und Nachfrage hin oder her – Das ist eine echte Frechheit!
Als zweite Unterkunft gibt es noch das“Deadhorse Camp“, wo auch einige Zimmer, großteils für Arbeiter, angeboten werden und wo wir dann für den nächsten Tag auch unser „Arctic Shuttle“ zum Polarmeer buchen, denn die letzten 11 km hinauf ans Meer befinden sich bereits im Besitz der Ölfirmen und dürfen mit
privaten Fahrzeugen nicht befahren werden. Unsere Fahrt bzw. der „Dalton Highway“ endet somit vor einer Kette, einem Verbotsschild und einem überaus unfreundlichen Wächter,
der sogleich aus seinem Wachhäuschen stürmt und mir verbietet, von uns bzw. schon gar nicht von ihm und seinem Wachhäuschen auch nur ein einziges Foto zu machen. Wir stellen uns dann über Nacht direkt an die Küste der Prudhoe Bay, die Arktis ist in diesem Bereich teilweise noch
zugefroren oder zumindestens treiben riesige Eisschollen umher. Wir genießen, mit den Industriegebäuden im Rücken, trotzdem einen wunderschönen Ausblick aufs Meer. Unsere Ankunft hier wollen wir natürlich gebührend mit einer Flasche Sekt feiern. Wir haben auf unserer „Zubringerstrecke“ bis zum Beginn der Panamericana bis heute 12.287 km zurückgelegt. Während Karl noch Diesel aus unseren Kanistern in die Tanks füllt (wir lassen uns ganz sicher nicht an dieser Tankstelle abzocken,..), dekoriere ich die extra für diesen wichtigen Moment aus Österreich
mitgebrachte Flasche Rosé Sekt samt den beiden Gläsern vorne auf der Winde des Unimogs und schieße ein paar Fotos. Natürlich kann ich’s dabei wieder mal nicht lassen, diese schon vorab zu öffnen und eine Schluck zu kosten
(ob er wohl auch gut genug für den Anlass ist,…!). Als ich dann noch was aus der Kabine hole und wieder zurückkomme, ist die Flasche verschwunden. Ich suche überall, schaue unters Auto – Aber nichts. Ich verdächtige natürlich sofort Karl, der für solche Streiche jederzeit zu haben ist, er beteuert aber glaubwürdig seine Unschuld. Letztendlich klärt sich das Ganze recht schnell, der starke Wind ist der Schuldige, er hat die Flasche so umkippen lassen,
dass sie hinter die Stoßstange gefallen und dort hängen geblieben ist. Natürlich kopfüber und jetzt ist sie leer, also nix ist’s mit der gehobenen Sektfeier. Wir lassen uns natürlich die Laune nicht verderben und stoßen mit Apfel-Cider an, man muss eben flexibel bleiben!
Die zehnköpfige „Mannschaft“ unseres Shuttles zum Polarmeer am nächsten Tag besteht dann genau aus jener speziellen Art von Menschen, die den Weg hier ganz herauf in den Norden nicht scheuen. Außer uns ist noch ein junges, deutsches Paar dabei, die mit ihren Motorrädern ein paar Jahre den Kontinent bereisen wollen, ein amerikanisches Paar das zum Filmen von Tieren unterwegs ist und ein paar nord- und südamerikanische Motorradfahrer, die jeweils auf dem Weg zum anderen Ende des Kontinents sind und somit entweder gerade
den Start oder das Ziel feiern. Andere Touristen sieht man hier ohnedies nirgends, klar, was sollen die auch hier machen, das hier ist wirklich nur ein Ziel für „Freaks“. Die Fahrt an sich, durch die Ölfelder, ist dann eher unspektakulär, außer ein paar weiteren Rentieren und Flammen die aus Pipelines lodern, wo wohl Gas verbrannt wird, tut sich nicht viel. Unser Guide gibt uns einige Informationen zu den Ölfirmen, zur Geschichte der Pipeline und über Flora und Fauna hier oben. Sie erzählt uns auch, dass es immer wieder mal Bärenbesuch in der Siedlung gäbe und dass man so ab September sogar Eisbären hier antreffen könne. Typisch amerikanisches Detail zur Fahrt: Ab dem Kontrollposten (dem unfreundlichen vom Vortag) muss jeder Insasse des Shuttles eine Hartplastikbrille aufsetzen, denn, sollte uns einer der LKWs die hier unterwegs sind, Steine in die Windschutzscheibe schleudern und diese dabei zu Bruch gehen, würden damit unsere Augen geschützt. Weil für Schäden und Verletzungen müssten dann ja die Ölfirmen
haften,… . Darüber schüttelt sogar unser Guide den Kopf, sie muss sich aber natürlich auch daran halten. Am Ende ist dann sowieso alles vergessen, auch der völlig überteuerte Preis dieses Shuttles, wir stehen am äußersten, nördlichsten Punkt des amerikanischen Kontinents, am nördlichsten Punkt unserer Reise und am Beginn der „
Panamericana“ – Wir fotografieren natürlich die Koordinaten und freuen uns einfach nur riesig! Handtücher werden ausgeteilt und einige Verwegene wagen wirklich, trotz eisigem Wind, den Sprung in die Arktis. Uns ist es aber dafür echt zu kalt, wir genießen einfach zu zweit diesen unvorstellbar schönen Augenblick unserer Reise und denken auch kurz daran, was noch alles vor uns liegt, bis wir am südlichsten Punkt, in Ushuaia in Feuerland, stehen werden und von dort in Richtung Antarktis blicken. Wir freuen uns jetzt schon auf jeden einzelnen Tag davon!
Da der „Dalton Highway“ die einzige Straßenverbindung zur Prudhoe Bay darstellt, fahren wir diesen dann auch wieder ohne Probleme retour und
haben gleich nach der ersten Nacht das riesige Glück, dass direkt neben unserem Übernachtungsplatz eine große Herde Moschusochsen
vorbeiwandert. Diese, eigentlich in Alaska bereits vor langer Zeit ausgerotteten Tiere wurden hier in der Gegend wieder erfolgreich angesiedelt, meistens
sieht man sie angeblich aber entweder gar nicht, oder nur von der Straße aus der Ferne. An uns trotten sie, zu unserer großen Begeisterung, ohne die geringste Scheu zu zeigen, direkt am Unimog vorbei.
„Endlich wieder einmal Österreicher“ und „Du bist doch sicher auch ein Fan von Donald Trump?“
Zurück in Fairbanks wollen wir schauen, ob wir noch irgendwelche Feiern zum 4. Juli, dem „Independence Day“, dem größten aller amerikanischen Feiertage, erwischen. Wir sind aber am Nachmittag zu spät dran für wahrscheinlich am Vormittag stattgefundene Paraden, Feuerwerk wird es, nehmen wir mal an, in diesen „brandgefährlichen“ Tagen sowieso keines geben (macht auch irgendwie keinen Sinn, es wird ja eh nicht dunkel hier im Sommer,… ). Wir stellen uns dann auf den Parkplatz des „Pioneer Parks“, den wir schon von unserem ersten Besuch her kennen und wollen in den „Biergarten“ der „Salmon Bake“ auf ein Bier gehen. Beim Einparken sehen wir direkt neben uns ein Wohnmobil mit Grazer Kennzeichen und der Aufschrift „Austrian applestrudel on tour“. Super, endlich mal wieder Österreicher, denken wir, denn man trifft zwar fallweise Deutsche und Schweizer, aber an österreichischem Smalltalk mangelt es uns inzwischen deutlich und wir hinterlassen unsere Karte an der Tür des Wohnmobils.
Wir machen uns auf den Weg zum Biergarten, kommen aber gar nicht weit, da hören wir bereits hinter uns jemanden rufen: „Seid’s ihr die zwei Gmundner?“ So machen wir mit großem Hallo die wunderbare Bekanntschaft von Klaus und Sonja aus Leoben. Die zwei sind schon ein bisschen länger als wir in ihrem Wohnmobil unterwegs, sie haben zuerst Europa bereist, auf dem amerikanischen Kontinent sind wir aber fast gleichzeitig angekommen. Wir sind sofort auf der gleichen Welle, umso mehr als die beiden auch ursprünglich aus dem Gastgewerbe kommen, weil man halt dann im Biergarten auch gleich genug zum Quatschen hat. Die zwei symphatischen Steirer wollen, ganz langsam, auch Richtung Süden. Wir werden auf jeden Fall mit ihnen in Kontakt bleiben und hoffen wirklich sehr, dass wir uns auf dem Weg dahin noch oft begegnen werden!
Ganz in der Nähe von Fairbanks besuchen wir dann noch das „Eismuseum“ in „Chena Hot Springs“ und sind echt begeistert von den dort gezeigten Skulpturen, die bei dauerhaften – 25 Grad
präsentiert werden
. Die Anweisung beim Betreten des Eismuseums lautet: „Eisfiguren bitte nicht anfassen und nicht daran lecken,…“ (?!). Zum Abschluss gibt es an der mystischen „Aurora-Eisbar“ für jeden Gast einen Cocktail
in einem aus Eis gemachten Glas, das jeder im Anschluss mitnehmen darf. Da wir gleich nebenan parken und auch übernachten, halten
unsere Gläser, trotz des warmen Wetters, noch bis zurück zum Unimog und sie überleben sogar noch ein paar Nachfüllungen mit Fernet, die wir bei bester Laune genießen! Bei der Rückfahrt am nächsten Tag sehen wir dann auch noch ein Moose in einem See direkt neben der Straße, somit hat sich auch dieser
Abstecher wieder einmal wirklich gelohnt.
Wir folgen jetzt dem Richardson Highway südwärts und passieren dabei die riesige „Eielson Airforce Base“, an der wir sicher 10 Minuten lang in Sichtweite von unzähligen, in Reihe geparkten, Kampfjets entlang fahren. Sie gehört zur „Joint Base Elmendorf“, der größten Air force Basis in Alaska und – da die russische Grenze am naheliegendsten Punkt nur 39 km von Alaska entfernt ist – ist es kein Wunder dass hier im Moment alles in reger Alarmbereitschaft steht.
Bei strahlendem Sonnenschein tauchen am Horizont die ersten 4.000er Gipfel der „Alaska Range“ vor uns auf. Wir haben uns entschlossen, auf einen Besuch des „Denali Nationalparks“ zu verzichten, der jeden Sommer das Ziel von tausenden Touristen ist. Der „Denali“, der höchste Berg der USA, ist unserer Schulgeneration noch bekannt als“Mount Mc Kinley“. „Denali“ bedeutet in der Sprache der Indianer „Der Hohe“ und im Zuge eines langen Hin und Hers zwischen Befürwortern und Gegnern wurde er vor einigen Jahren nun offiziell umbenannt. Hunderte Kletterer versuchen ihn jedes Jahr zu bezwingen und der
„Denali Nationalpark“ steht auf den Besucher-Wunschzielen vieler Amerikaner ganz oben. Daher wurde der Eintritt schon vor Jahren streng limitiert und man darf mit dem eigenen Auto nur die ersten 24 km in den Park hineinfahren, dann muss man auf einen Shuttlebus
umsteigen. Da wir mit Klettern nichts und mit Shuttlebussen schon gar nichts am Hut haben, fahren wir lieber den außerhalb des Parks
gelegenen, wunderschönen „Denali Highway“ der uns bei Traumwetter grandiose Bilder präsentiert. Da dieser hauptsächlich geschottert ist, finden viele Touristen eine Ausschlussklausel dafür in ihren Wohnmobilmietverträgen und somit fühlen wir uns wieder einmal wie im touristenfreien Raum. Wir suchen uns die traumhaftesten Übernachtungsplätze und genießen „Alaska pur“.
Zu einem Stopp lädt uns dann spontan die am Weg liegende „Clearwater Mountain Lodge“ mit ihren typischen kleinen Hütten ein. Dort im „Saloon“ treffen wir wieder einmal auf ein echtes US-Original, nämlich auf Barman Lee, der hier mit unvorstellbar rüstigen 77 Jahren den Laden schupft. Er freut sich über Besuch, außer uns ist im Moment nämlich keiner da und Lee hat viel Zeit um sich mit uns zu unterhalten. Er erzählt uns, dass es noch ziemlich früh in der Saison sei, ein paar Gäste hätten sie in ihren Hütten schon gehabt, aber so richtig viel los war bisher im Sommer nur einmal in seiner Bar, als nämlich eine große Gruppe Motorradfahrer übernachtet hat und diese ihm am Abend seine Bar leergetrunken hätten. Wir wollten hier eigentlich nur einen Kaffee trinken, aber wie so oft in den USA, köchelt der Filterkaffee auch hier mal wieder in der Kanne seit 07.00 Uhr früh vor sich hin. Der ist für unsereins Espressotrinker meistens sogar wenn er frisch ist eine Zumutung, aber am Nachmittag geht er schon gar nicht mehr. Karl verzieht sich daraufhin in den Unimog und wirft dort unsere Espressomaschine an, ich steige in diesem Fall problemlos auf Bier um und Lee leistet mir mit einigen Gläsern Rum, die er ganz leicht mit Cola färbt,
Gesellschaft. Wie wirklich viele Menschen, die wir bisher in den USA getroffen haben, stellt auch er sich als glühender Republikaner und riesiger Fan von Donald Trump heraus. Ausgenommen die Person Trump stimmen wir in den meisten unserer Ansichten durchaus überein. Auf seine Fragen, wie man denn Trump in Europa wahrgenommen hätte, rette ich mich, als langjährig geübte Wirtin, in unverfänglichen Smalltalk, ich will ihm schließlich die Stimmung
nicht verderben. Wie auch immer, wir verbringen einen überaus heiteren Nachmittag. Lee erzählt uns, dass er eigentlich aus Minnesota stammt und dort früher einen Supermarkt besessen hat, in dem er fast zwanzig Jahre lang an sieben Tagen in in der Woche gearbeitet hat. Einen Haufen Geld hat er damit verdient aber keine Zeit zum Leben gehabt. Er checkt das irgendwann, verkauft seinen Supermarkt, macht den Piloten- und den Jagdschein, kauft sich ein kleines Flugzeug und zieht nach Alaska. Dort lebt er viele Jahre glücklich und pilotiert und begleitet Jäger und Touristen zu ihren Abenteuern. Jetzt ist er, seiner Frau zuliebe, nur mehr ein paar Monate im Jahr hier und genießt, wie er lachend sagt, seine „frauenlose“ Alaska-Zeit im Sommer. Er zeigt uns Fotos von seinen früheren Jagdtrophäen, unter anderem
von einem riesigen, aufrecht stehend 11 feet (3,30 m!) großen Braunbären. Das ist so hoch wie unser Unimog und wir können das zuerst gar nicht glauben. Dass diese Bären bis zu 9 feet (2,70 m) groß werden können, haben wir schon gehört, aber sooo groß – unglaublich! Das Foto ist aber der Beweis und auch von anderen Jägern hören wir später, dass es tatsächlich einzelne Exemplare gibt, die diese Größe erreichen. Die größten Braunbären in Alaska hören wir, findet man an der Küste, da diese dort durch die Fische mit Abstand am meisten zu fressen vorfinden. Lee erzählt uns außerdem, dass es seit ein paar Jahren viel zu viele Bären in Alaska gäbe und dafür immer weniger Hirsche, Karibus und Elche, weil die ganzen Kälber von Bären und Wölfen gefressen würden. Früher hatte er pro Sommer bis zu 120 Jäger die jeweils einen Bären schossen, aber die Zeiten sind längst vorbei, bedauert er. Obwohl die Jäger, ohne besondere Genehmigung, Bären schießen dürften, tun sie das nicht, weil sie mit einem geschossenen Bären nichts anfangen können, das Fleisch kann nicht verwertet werden, das Fell interessiert angeblich ebenfalls keinen. Noch schlimmer sagt er, sei es mit den Wölfen, diese stehen komplett unter Schutz und dürfen überhaupt nicht geschossen werden, daher vermehren sie sich in den letzten Jahren rasant und unkontrolliert. Die Seite der Tier- bzw. Naturschützer dazu kennen wir ja nun leider nicht –
vielleicht treffen wir ja mal einen – wäre sicher interessant. Bevor wir gehen, müssen wir natürlich noch einen von uns signierten Geldschein hinterlassen, mit denen Lee’s Bar bis inklusive der Decke zugepflastert ist. Er selbst sucht einen besonders schönen Platz auf Augenhöhe für den Schein aus und winkt uns zum Abschied noch
vor seinem Saloon stehend nach. Ja, nachdem mein Chauffeur als einziger, wie eigentlich geplant, Kaffee getrunken hat, können wir sogar noch weiterfahren,… .
Das Wetter verschlechtert sich leider ziemlich schnell und als wir den angesteuerten Aussichtspunkt „Denali View North“ erreichen, regnet es und der höchste Berg der USA ist komplett hinter einer dicken, schwarzen Wolkenwand versteckt. Mit der Hoffnung auf Besserung übernachten wir direkt am Aussichtspunkt und – tatsächlich – früh am nächsten Morgen kommt die Sonne immer mehr hervor und wir haben wirklich ein paar kurze Momente lang einen freien Blick auf den D
enali. Ein Herr der neben uns eine Kamera auf einem Stativ aufgebaut hat, erzählt uns freudenstrahlend, dass dies nun bereits sein vierter Besuch in Alaska sei, aber den Denali hätte er heute zum allerersten Mal wolkenfrei fotografieren können. Da haben wir ja gleich bei unserer Premiere richtiges Glück gehabt! Der gleiche Herr erzählt uns dann noch, dass er gerade aus Fairbanks zurückkomme, er wollte eigentlich hinauf zur Prudhoe Bay, aber die Straße sei wegen der vielen Waldbrände geschlossen worden. Also doppeltes Glück für uns, dass wir noch vor ein paar Tagen in beiden Richtungen so gut durchgekommen sind.
„Alaska hautnah“ oder „Kanus, Flugzeuge und Bären“
Bei uns machen sich die vielen, langen Fahrtage der letzten Zeit bemerkbar, wir sind bereits am Vormittag nach
dem Aufstehen wieder müde und suchen uns daher schon früh einen wunderbaren Übernachtungsplatz für ein paar Tage am „South Rolli Lake“. Wir mieten uns ein Kanu und rudern gemütlich
über den kleinen See, der, eingerahmt von unberührter Natur, in völliger Abgeschiedenheit liegt, machen später ein Feuer, grillen, schlafen viel und genießen die Ruhe und das einzigartige Alaska.
Anchorage, die größte Stadt Alaskas, zieht uns nicht wirklich an, was wir aber hier unbedingt sehen wollen, liegt direkt neben dem internationalen Flughafen, nämlich die „Lake Good Seaplane Base“. Diesen, mit im Sommer täglich über 600 Starts und Landungen, größten Wasserflughafen der Welt, müssen wir uns auf jeden Fall anschauen. Wir erwarten, wie in Europa, Absperrungen und vielleicht bestenfalls eine Aussichtsplattform von der aus wir den Fliegern beim Starten und Landen zuschauen können und werden wieder einmal total von der Gelassenheit der Amerikaner in diesen Dingen überrascht. Es gibt überhaupt keine einzige Absperrung, man kann direkt mitten auf dem Gelände parken, überall
hingehen und alles anschauen was man will. Es passiert dann schon mal, dass man gerade die Straße entlang geht und dann plötzlich hinter einem ein Flugzeug heranrumpelt, das gerade auf der Startbahn
nebenan glandet ist. Neben den vielen Wasserflugzeugen die auf dem See ständig abheben und eintreffen, starten und landen hier nämlich auch laufend Kleinflugzeuge auf einer Rollbahn in der nebenan gelegenen Wiese. Wir kommen aus dem Schauen und Staunen und Fotografieren gar nicht heraus und verbringen begeistert ein paar Stunden hier.
Entlang des „Turnagain Arms“, einer wiederum grandiosen Landschaft hier in Alaska, erreichen wir die Halbinsel Kenai, die wir auf unserer Reise auf keinen Fall auslassen wollen, da ich bereits so viele Berichte darüber im Fernsehen gesehen habe, dass sie ganz oben auf meiner „Alaska-Liste“ steht. Außerdem haben wir hier eine ganz besondere Verabredung. Seit uns Lee in seiner Bar erzählt hat, dass es die größten Braunbären an der Küste Alaskas gibt, lässt mich dieser Gedanke nicht mehr ganz los. Ich will diese Bären unbedingt aus der Nähe sehen, aber auf keinen Fall mit den normalen Touristentouren, bei denen die Leute dichtgedrängt auf Plattformen stehen und die Bären beobachten, nein – Ich will viel näher ran!
Ich recherchiere einige Zeit im Internet, bis ich das wirklich richtige für uns finde und auch Karl davon überzeuge, der erst gar nicht so begeistert davon ist. In Kenai befindet sich die „Alaska West Air“, dort steigen wir in ein kleines Flugzeug samt einem Piloten und einem Guide und schon starten wir in unser ganz persönliches Bärenabenteuer.
Tom, der unglaublich symphatische Pilot, fliegt uns mit seiner 1953 in Kanada gebauten „De Havilland Beaver“ in knapp einer Stunde hinaus in den „Clark National Park“, zum „Silver Salmon Creek“. Mit von der Partie ist außerdem noch ein junges Girl, unser guide Zeta, bewaffnet
nur mit einem Bärenspray und einem strahlenden Lächeln. Karl übernimmt, nun doch begeistert, den Co-Pilotensitz und schon geht’s los. Der Flug ist dann eine erste Sensation. Gestartet wird auf einer Schotterpiste, die, zumindest uns, als relativ knapp
bemessen scheint, aber wir heben tatsächlich noch so ab, dass wir – so kommt es uns jedenfalls vor – die Baumwipfel gerade nicht streifen. Darauf folgt eine unvorstellbar schöner Flug, über Meer und Inseln, bei traumhaftem Wetter.
Die Landung ist dann, wie auch schon der Start, für uns eine echte Nervensache. Tom geht über einem Sandstrand hinunter, keiner von uns rechnet aber damit, dass das wirklich unser Landeplatz werden würde – aber tatsächlich – wir landen mitten auf einem schmalen Streifen Sand,
direkt entlang der Meeresbrandung. Ich filme die Landung mit und denke nur: „Er wird das ja wohl schon ab und zu gemacht haben,…“. Tom landet souverän, dirigiert seine Beaver mit den großen Ballonreifen mit brüllendem Motor weiter nach oben auf den Sandstrand und hilft uns, herzlich über unsere verwunderten Gesichter lachend, aus dem Flugzeug. Ab dann übernimmt Zeta. Wir bekommen als kurze Einführung drei Auflagen: Wenn wir Bären sehen, egal wie nahe sie an uns herankommen: Nicht schreien, nicht gestikulieren, nicht
weglaufen – Das war’s. Ansonsten können wir sie alles fragen, sie ist ein wandelndes Lexikon, was Bären und deren Lebensraum betrifft. Hier am „Silver Salmon Creek“ versammeln sich jedes Jahr um diese Jahreszeit einige Braunbären, da sie
das vom Meerwasser salzige Gras das hier um diese Zeit im Überfluss wächst, über alles lieben. Wir werden in den nächsten Stunden durch diese Salzgraswiesen wandern, bekommen aber natürlich im Voraus keine Garantie, dass wir wirklich Bären sehen werden, da diese ja in dem riesigen Gebiet ganz frei unterwegs sind. Irgendwie fühlt es sich für mich ein bisschen nach „Jurassic Park“ an, als wir uns zu Fuß vom Strand und dem sicheren Flugzeug weg in Richtung Bärengebiet begeben. Nach einiger Zeit bemerkt Zeta im Unterholz tatsächlich die erste Bewegung. Sie kennt natürlich die Bären hier und sagt uns, es wäre wahrscheinlich eine Bärin mit ihren Jungen. Sehen kann man fast gar nichts, ab und zu, aber nur mit viel Fantasie, vielleicht ein paar sich bewegende Ohren der Bärenmama. Heraus kommt die Familie dann aber nicht und Zeta meint, wir würden später nochmal hier vorbeikommen. Wir setzen unsere Wanderung fort und tatsächlich,
nach einiger Zeit ist es dann so weit: Vor uns taucht ein großer Braunbär auf, der gemütlich neben einem Wasserlauf liegt und weiter hinten sieht man noch einen zweiten, der sich langsam ebenfalls in unsere Richtung bewegt. Wir
gehen langsam auf die beiden zu und kommen ganz schön nahe an den ersten Bären heran. Wir schießen die ersten Fotos und sind natürlich dementsprechend begeistert. Langsam trollt sich der Bär dann in die Richtung aus der wir gekommen sind, aber inzwischen kommt der zweite immer näher. Was am Anfang super ist und uns total schöne Fotos beschert, macht uns jetzt doch leichte Sorgen, der Bär kommt langsam aber sicher direkt auf uns zu. Karl steht ganz vorne direkt neben Zeta, die die Ruhe selbst ist, auch als der Bär bis auf zwei, drei Meter an uns herankommt und noch immer
keine Anstalten macht die Richtung zu ändern. Sie lässt uns nur langsam einige Schritte zurücktreten, damit er genug Platz hat, um an uns vorbeizugehen, aber ich glaube sicher, dass mein Herz ein paar Schläge lang ausgesetzt hat.. . Gott sei Dank habe ich das Ganze auf Video, sonst würde uns das sicher keiner glauben. Wir haben
dann noch weiteres Glück auf unserem Streifzug, wir sehen Bären die sich im Wasser eines kleinen Bachs wälzen und solche die genüsslich das salzige Gras fressen, das wir auf Zeta’s Rat hin ebenfalls probieren. Unser Lunch bekommen wir dann aber doch aus Zeta’s Rucksack, direkt am nahegelegenen Sandstrand mit wunderbarem Blick aufs Meer serviert. Auf angeschwemmten Baumstämmen sitzend, gibt es einen Truthahnwrap, einen Apfel und einen Müsliriegel. Alles in Plastik verpackt, damit die Bären es nicht riechen können und dann Zeta samt Rucksack vielleicht doch noch als Zwischendurch-Häppchen verspeisen. Nur Wasser durften wir selbst mitbringen, sämtliche anderen Snacks, speziell aus Fleisch oder Fisch
bestehend, waren, aus genannten Gründen verboten, was wir jetzt umso besser verstehen. Als wir uns nach ein paar Stunden und weiteren
Bärenbegegnungen schon langsam auf dem Rückweg zum Flugzeug machen, dann die Sensation: Vor
uns auf der Wiese steht plötzlich die Bärin, die wir vorher im Dickicht fast nicht sehen konnten, mit ihren drei Jungen. Sie brummt uns zwar einmal bedrohlich an, Zeta meint aber, solange das ihre einzige Reaktion bleibe, könnten wir ruhig ganz langsam näher heran gehen – und das wo man doch immer hört, dass man Bärinnen mit Jungen möglichst aus dem Weg gehen soll,…. . Aber diese ist dann gleich
wieder entspannt, beobachtet uns aber, Gras fressend, trotzdem in jeder Sekunde genau. Zeta hat die drei Jungen selbst noch nie aus der Nähe gesehen und sagt, dass wir echt großes Glück gehabt hätten, so viele verschiedene Bären an einem Tag zu sehen. Tom unser Pilot erwartet uns dann schon am Strand und nach einem wiederum für uns spektakulären Start auf der Sandbahn, genießen wir einen ruhigen Rückflug nach Kenai. Auch wenn dieses Erlebnis bestimmt nicht zum Günstigsten gehört was wir uns auf unserer Reise bisher geleistet haben, war es das bis auf den letzten Cent wert. Diesen Tag werden wir ganz sicher nie in unserem Leben vergessen!
„Alaska’s wunderbarer Süden“ und “ Nix gegen die Schweizer,…“
Wir halten kurz am unspektakulären Anchor Point und können ab nun behaupten, auch am westlichsten Punkt Nordamerikas gewesen zu sein, ob das nun wichtig ist oder nicht,… . Sehr wichtig für uns ist aber der Besuch von Homer, des am Ende einer schmalen Landzunge gelegenen Fischerdorfes, das sich selbst „Halibut Fishing Capital of the world“ nennt. Der 5.000 Einwohner Ort begeistert uns total!
Wir wandern den „Spit“, der wie eine Nadel in die Kachemak Bay hineinragt, mit seinen vielen, kleinen, auf Stelzen gebauten Geschäften und Cafés entlang, stöbern in den Kunsthandwerksläden, kosten zum ersten Mal großartiges „Clam chowder“, eine
dicke Suppe aus Meeresfrüchten und Muscheln und natürlich essen wir hier am Abend wunderbaren Heilbutt – Ganz klar, wenn wir schon in dessen Hauptstadt sind! Ausklingen lassen wir den Abend im „Salty Dog Saloon“, einer absoluten Kultbar. Sie mixen großartige Gin Tonics hier, manchmal kriegt man die doppelten doppelt, weil die eine Kellnerin den Drink zu machen anfängt und die zweite ihn inklusive neuerlicher Ginfüllung dann serviert,… . „Spannend“ finden wir auch das Speisenangebot der Bar: Ein junger Mann neben uns bestellt einen Hot Dog, die Kellnerin greift vor sich in die Kühllade, fördert ein bereits aufgeschnittenes Burgerbrot und eine Wurst aus einem Plastiksackerl hervor, die Wurst wandert in das Brot, das Ganze auf ein Pappteller, dann für 8 Sekunden (!) in die hinter ihr platzierte Mikrowelle und wird anschließend dem Gast überreicht. In der zweiten Hand präsentiert die Kellnerin ihm eine Plastikschachtel mit verschiedenen Saucen, die sich dieser dann selbst noch über die Wurst kippt – Fertig. Die ganze Aktion hat keine zwei Minuten gedauert – das ist „Real Fast Food!…!!
Wir machen uns auf den Weg zurück nach Anchorage und weiter nach Tok, es gibt ja wieder mal nur diese eine Straße und wir haben nur mehr wenige Tage Zeit, aber noch über 2.000 km vor uns, um in Haines unsere Fähre durch die „Inside Passage“ zu erreichen. Die Strecke die wir mit dem Schiff fahren wollen, von Haines in Alaska nach Prince Rupert in Kanada, wird als einer der schönsten Abschnitte in dieser Region beschrieben. Genau diese Passage fährt die Alaska-Fähre nur einmal im Juli und einmal im August und dementsprechend hoch ist die Nachfrage nach den Tickets, die wir daher bereits vor Monaten gebucht haben. Wir haben dadurch einen relativ eng getakteten Zeitplan für die nächsten Tage und sind daher gar nicht erfreut, als Karl an einem Abend, kurz vor Anchorage, eine Entdeckung macht: Wir verlieren Bremsflüssigkeit und das gar nicht so wenig, der Behälter muss undicht sein – Das ist gerade jetzt wirklich gaaanz schlecht. Es bleibt uns eh nichts anderes übrig, wir fahren am nächsten Tag in Anchorage in die erstbeste Werkstatt und fragen um Rat. Der unglaublich nette Herr bei „American Tire“ empfiehlt uns gleich mal eine Werkstatt in der Nähe und gibt uns die Adresse. Als wir dort ankommen, befällt uns gleich ein schlechtes Gefühl, denn es handelt sich um eine riesige Werkstatt mit einem großen Bürogebäude und wir wissen aus Erfahrung: Je größer die Firma, desto schlechter die Flexibilität. Und genau so ist es dann auch, man hört sich unser Anliegen kurz an und bietet uns dann einen Termin im August an… – Na danke schön! Also zurück zu dem netten Herrn von American Tire, der sich dann wirklich bemüht und mindestens bei zehn Werkstätten für uns anruft – Umsonst, keiner kann oder will uns auf die Schnelle helfen. Also machen wir uns wieder selbst auf die Suche und landen, mitten in Anchorage, bei „Bill’s Auto Repair“, einer winzigen Werkstatt. Der Chef ist begeistert von unserem Unimog, traut sich aber selbst nicht über die Reparatur. Aber er denkt nach wer vielleicht helfen könnte und telefoniert ebenfalls für uns herum (wo gibt es das denn wirklich noch bei uns?!). Tatsächlich
erreicht er jemanden am Telefon, der uns noch am gleichen Tag weiterhelfen will und er gibt uns die Adresse von „Hunt Xtreme Fabrication“ in Wasilla, ungefähr
eine Stunde entfernt von Anchorage und das sogar noch in unserer Richtung. Wir finden die kleine Werkstatt von Scott Hunt und seiner Frau Deborah, die eigentlich nur aus einer vollgeräumten Garage besteht, ohne Probleme und der überaus symphatische Scott erzählt uns, dass er eigentlich hauptsächlich Getriebe mache, er uns aber selbstverständlich gleich helfen wolle. Er baut den Bremsflüssigkeitsbehälter aus und dann
stellt sich die Frage, womit wir ihn kleben sollen. Wir haben einen Industriekleber dabei, mit dem wir schon so ziemlich alles dauerhaft geklebt haben, Scott meint, er hätte auch einen sehr guten Kleber, den er dann auch verwendet. Der Behälter wird wieder eingebaut und wir freuen uns, dass sich das Problem mit nur einem halben Tag Zeitverlust doch noch beheben hat lassen.
Wir folgen bei Traumwetter dem Glenn Highway Richtung Tok, die wunderbare Gebirgsstraße windet sich mit großartigen Ausblicken wie z.B. auf den Matanuska Glacier durch die Berge Alaskas. In Tok sind wir dann zurück auf dem noch nicht befahrenen Stück des
Alaska-Highways, dem wir nun nach Süden folgen. In Beaver Creek überfahren wir noch einmal die Grenze nach Kanada und befinden uns nun wieder im wunderbaren Yukon. Leider verschlechtert sich das Wetter und die restliche Fahrt durch den Kluane Nationalpark und über den Boutillier Summit Pass versinkt wieder einmal in Regen und Nebel. Was macht man als inzwischen erfahrener Traveller bei schlechtem Wetter: In eine Stadt oder einen größeren Ort fahren und dort nach einem
Schild suchen auf dem „Laundry, Carwash and Shower“ also Münzwaschautomaten und Duschen plus Lanzen zur Autowäsche an einem Platz angeboten werden. Wir finden, das ist eine fantastische Geschäftsidee und meistens sind die Duschen sauber und die
Waschmaschinen und Trockner gut gewartet. Unser Unimog hat sich auch längst wieder einmal eine Wäsche verdient, er hat sich in Alaska den staubigen LKWs farblich total angepasst, allerdings gibt es, egal wo wir stehenbleiben, anscheinend immer ein paar Neugierige die zumindestens einen Teil unserer Kennzeichen freiwischen – Seltsam, wir haben doch auf beiden Seiten ganz groß „Austria“ draufstehen,… . Nebenbei habe ich hier gutes Internet und wieder einmal Zeit und Gelegenheit an meinem Blog zu schreiben, mit dem ich diesmal, speziell durch die entlegenen „netzlosen“ Gebiete Alaskas, wirklich, sogar für meine Verhältnisse, schwer im Rückstand bin.
Eigentlich wollten wir ja hier in Haines Junction nicht über Nacht bleiben, leider hält uns aber eine Sache dann doch deutlich länger fest: Die Bremsflüssigkeit tropft wieder und zwar ziemlich stark, hier haben wir vielleicht noch eine Chance auf eine Werkstatt, was es laut unserer Recherche weder auf der folgenden Strecke bis Haines noch im Hafenstädtchen Haines selbst, wo wir übermorgen die Fähre erreichen müssen, gibt. Ich finde im Internet eine Werkstatt direkt hier in Haines Junction, dort ist am Abend natürlich keiner mehr da, wir probieren es am nächsten Morgen, einem Freitag, ebenfalls ohne Erfolg. Etwas ratlos beschließen wir an der nahegelegenen Tankstelle um Rat zu fragen, bekommen dort aber auch keine Auskunft die uns weiterhilft. Gleich neben der Tankstelle befindet sich ein Grocery Store, also ein Lebensmittelgeschäft und ich sage zu Karl: „Frag doch dort auch noch, bevor wir hier wegfahren“. Und tatsächlich, wieder einmal haben wir echtes Glück, die sehr freundliche Dame die im Store arbeitet ist eine Schweizerin und sie gibt uns gleich die nur wenige Minuten entfernte Adresse von ihr und ihrem Schweizer Ehemann, der – man glaubt es kaum – Mechaniker ist. Sepp erwartet uns dann schon vor dem Haus und nimmt sich gleich unseres Problems an. Der Bremsflüssigkeitsbehälter wird ein zweites Mal ausgebaut und diesmal mit Sepp’s „Zwei-Komponenten-Kleber“ und mit Schweizer Gründlichkeit fachmännisch geklebt. Er muss einfach jetzt bis in die Nähe von Vancouver halten, wo wir ja zum Service vorbeifahren wollen. Nebenbei erzählt uns Sepp, dass er und seine Frau Karin seit 2008 in Kanada leben, seit einigen Jahren hier in Haines Junction. Sie arbeitet im Grocery Store, Sepp hilft teilweise an der Tankstelle aus und
macht Fahrzeugreparaturen. Der Großteil ihrer Kinder ist inzwischen erwachsen und hat Kanada wieder verlassen und sie überlegen auch, vielleicht demnächst nach Italien zu ziehen. Die langen, dunklen, kanadischen Winter zehren schon an den Nerven und an den Kräften der beiden. Wir können sie wirklich gut verstehen und sind dem unglaublich symphatischen Paar von Herzen dankbar für die rasche Hilfe, denn wir haben inzwischen wirklich keine Zeit mehr zu verlieren um unsere Fähre noch zu erreichen. Nicht auszudenken, hätten wir heute am Freitag niemanden mehr gefunden, der uns hilft. Wir tauschen noch Telefonnummern aus und hoffen sehr, dass wir in Kontakt bleiben werden. Sepp meldet sich dann sogar am nächsten Tag nocheinmal telefonisch bei uns, um nachzufragen, ob mit der Reparatur und mit uns alles in Ordnung ist – Was für eine Liebenswürdigkeit, einfach unglaublich!
Auf dem letzten Abschnitt bis zum Fährhafen, dem Haines Highway, kommt dann sogar wieder die Sonne durch, wir überqueren den 1.065 m hohen Chilkat Pass und werden mit Ausblicken auf viele
Gletscher mehr als belohnt. Noch einmal müssen wir die Grenze zur USA überqueren, da Haines, unser Fährhafen, wieder in Alaska liegt und hier fragt uns der junge, symphatische Grenzbeamte mal was ganz Neues: Er möchte die Autopapiere, also den Zulassungsschein vom Unimog, sehen. Ja, das ist doch überhaupt kein Problem, ich greife siegessicher nach dem Ausweistascherl das ich extra dafür vor jeder bisher überquerten Grenze immer griffbereit hatte, öffne es und finde darin alles Mögliche aber nicht den Unimog-Zulassungsschein. Schrecksekunde und gegenseitiger Blickwechsel – Wir kommen drauf, dass uns seit wir den Unimog in Halifax aus dem Zollhof geholt haben, kein Mensch mehr nach dem Zulassungsschein gefragt hat und wissen echt gerade beide nicht, wo wir den damals hingetan haben könnten, wenn er hier drinnen nicht ist. Verflixt – und das natürlich ausgerechnet bei den peniblen Amerikanern, klar, wo sonst. Ich frage den Beamten ob ich aussteigen darf (man hat ja damit so seine Erfahrungen gemacht,…), um hinten in der Kabine zu suchen. Im Gegensatz zu uns beiden, die wir natürlich jeder gleich mal dem anderen die Schuld an der Misere geben, bleibt er ganz entspannt und freundlich, will aber eben unbedingt den Schein sehen. Karl fördert eine riesige Kiste mit Unimog-Papieren zutage, durchsucht sie Stück für Stück neben dem Beamten – Nichts. Hinter uns weicht die Autokolonne inzwischen zum zweiten Grenzbalken aus, als ich endlich im Ordner mit den Zollpapieren von Halifax den gesuchten, gelben Schein finde und dem Beamten strahlend übergebe. Er schaut ihn kurz an, wünscht uns lächelnd eine gute Reise und meint abschließend, es wäre wohl gut, den Schein vielleicht im Führerhaus zu haben, … es könnte ja durchaus mal wieder einer danach fragen,… – Wie wahr!
Wir durchqueren das „Alaska Chilkat Bald Eagle Preseserve“, sehen aber leider nicht einen einzigen der über 3.000 hier lebenden Weißkopfseeadler. Laut Auskunft der Einheimischen ist es dazu auch noch etwas zu früh, meistens stellen sich die Adler mit dem Eintreffen der Lachse ein, die heuer, wie alles andere, etwas Verspätung haben. Das gleiche gilt für die Bären, die normalerweise um diese Zeit bereits am
Ausfluss des Chilkat Lakes und entlang des Flusses beim Fischen anzutreffen sind, auch sie sind leider heuer noch nicht da, trotzdem genießen wir eine wunderschöne Abendstimmung dort am See.
Wir erreichen das Hafenstädtchen Haines spät aber trotz allem rechtzeitig und freuen uns über einen außergewöhnlich schönen Standplatz, natürlich freistehend, mit direktem Ausblick vom Bett auf die Marina, eine großartige „woodfired“ Pizza und ein paar Bier im ortsansässigen Saloon. Am späten Nachmittag des nächsten Tages schiffen wir auf der „MS Matanuska“, einer der „Alaska Ferries“ ein, die uns in den nächsten zweieinhalb Tagen durch die tausenden Inseln der „Inside Passage“ bis nach Prince Rupert in Kanada bringen wird.
Gleichzeitig nehemen wir endgültig und mit Wehmut Abschied von Alaska, diesem großartigen, nördlichsten Teil der USA, der uns vom ersten bis zum letzten Tag nur begeistert hat. Dem rauen, herzlichen Menschenschlag hier, zusammen mit der einzigartigen Natur, sind wir mit Haut und Haaren verfallen. Tagelang nur „Kein Netz“ als einzige Anzeige auf dem Handy zu sehen, hat mich echt manchmal genervt, aber irgendwann legt man das Ding dann einfach zur Seite, weil’s ja eh nix nützt das Display anzustarren und man konzentriert sich auf viel Wesentlicheres. Stundenlang sind wir staunend durch atemberaubende Natur gefahren und gewandert, sind an einsamen Seen gesessen und haben den Ausblick auf die weißen Bergspitzen und die Gletscher im Sonnenschein genossen. Ja, und natürlich der Flug mit der alten „Beaver“ und die Wanderung zu den großen Braunbären – Das alles werden wir sicher niemals vergessen. Für mich persönlich landet Alaska, nach New York City, auf meiner „Bucket list“. Hier möchte ich noch einmal im Winter herkommen, mit Hundeschlitten und Schneemobil die Landschaft durchqueren, in den romantischen, weit abgelegenen Lodges vor den riesigen offenen Kaminen sitzen und natürlich unbedingt die Nordlichter sehen und – Eisfischen – das muss ich auch noch probieren!
Hallo Rebecca und Karl,
einfach ein atemberaubender Bericht. Ich denke öfters an euch. Genießt die Zeit obwohl sich in Ischl auch so einiges tut. Wünsche euch beiden noch eine schöne Zeit. Man sieht sich!! Liebe Rebecca, schreib bitte weiter so.. lg. Fuzi
Lieber Fuzi, wie immer vielen Dank für Deinen lieben Kommentar, ich freue mich immer, von zu Hause was zu hören! Liebe Grüße Rebecca
Hallo Rebecca super Berichte….
Wir eine neue Schriftstellerin unter uns.
Alles liebe Klaus
Hallo Klaus und Brigitta, danke für den Kommentar, ich freue mich sehr über jede Rückmeldung zu meinem Blog! Liebe Grüße Rebecca
Liebe Rebecca, lieber Karl … und wieder ein super interessanter Bericht ! Einige Locations kommen mir gut bekannt vor und ich würde euch nur zu gerne mal beim Fischen sehen 😁 ihr habt schon einige wüde Abenteuer hinter euch – super 👍 Hervorragend sind auch die rot lackierten Fingernägel in der Wildnis von Alaska, absolut cooles Outfit … ich sehe sie über die Tastatur galoppieren 😹 Bitte macht so weiter, packend und fesselnd interessant !
Alles Liebe – Kamila und Andi
Liebe Kamila, lieber Andi, vielen Dank für Euren Kommentar, ich freue mich über jede einzelne Nachricht von zu Hause und halte Euch natürlich gerne weiterhin auf dem Laufenden! Liebe Grüße Rebecca
Hallo Rebecca und Karl,
unser kompletter Betrieb liest mit Freude euren Blog durch. Wir hoffen für euch, dass die „Pannen“ von euren Unimog weiterhin so klein bleiben.
Ich für meinen Teil hoffe, dass ich meinen Unimog fertig habe bis ihr zurück kommt.
Alles gute für eure weitere Reise wünscht euch die komplette Mannschaft der Fa. Hanninger!
P.S: Vielen Dank für die Postkarten!
Alles Liebe – Patrick Hanninger