„Die Inside Passage“ und „Alte Autos zum Geburtstag“

Wir verlassen Alaska am späten Nachmittag und werden in den zweieinhalb Tagen, die wir auf der Alaska Fähre verbringen, an hunderten Inseln vorbeikommen, durch teilweise enge Wasserstraßen in Buchten hineinfahren und in sechs verschiedenen Häfen anlegen. Die „MS Matanuska“ ist mit allen Annehmlichkeiten eines Fährschiffs ausgestattet, sie verfügt über die üblichen Stockbettkabinen, wobei ich in unserer gleich mal die überall auf diesem Kontinent unvermeidliche und für uns wirklich lästige Klimaanlage nicht ganz regelkonform deaktiviere. Egal ob es draußen 15 oder 28 Grad hat, überall, in jedem Restaurant, in jeder Bar, in jedem Bus läuft Tag und Nacht durchgehend die Aircondition und das meistens auf Vollgas. Den Kanadiern und Amerikanern scheint das nichts auszumachen, die sitzen dort fröhlich in T-Shirts und kurzen Hosen in den eisgekühlten Räumen, wahrscheinlich werden die schon in einem auf 10 Grad gekühlten Kreißsaal geboren,… . Weiters hat das Schiff viele Aussichtsdecks, ein sehr nettes Restaurant und natürlich eine Bar, wo sich, wie überall auf der Welt, immer die gleichen treffen. Wir spülen hier bei Barman Doug mit ein paar Bier unsere schlechte Laune über das miese Wetter hinunter, das uns nach der ersten Nacht mit Regen und Nebel geweckt hat. Die auf den überall im Schiff aufgehängten Bildschirmen sichtbare Seekarte zeigt sogar „Freezing rain, gefrierenden Regen“ und dieser trübt die Aussicht auf die Inselwelt nachhaltig. Doug meint dazu nur lachend, das wäre, mit ganz seltenen Ausnahmen, auf dieser Strecke das übliche Wetter, aber es sei Besserung in Sicht. Mehr Sorgen macht er sich inzwischen um seine Biervorräte, die er eigentlich in Juneau, der nur per Fähre, nicht aber auf dem Landweg erreichbaren Hauptstadt Alaskas, in der wir für einige Stunden angelegt haben, auffüllen wollte, leider war aber dann die von ihm bestellte Lieferung zu seinem Entsetzen nicht da. Das ist für uns wiederum gar kein Problem, wir steigen kurzerhand von „Budweiser“ auf „Alaskan White“ um und tatsächlich kommt dann auch die Sonne wieder hervor und wir genießen den gesamten zweiten Tag und somit den Rest der Fahrt mit unglaublich schönen Ausblicken. Hier an der Bar treffen wir dann auch Al und Tara, ein total symphatisches, amerikanisches Paar. Die beiden geben uns gleich ihre Adresse und laden uns ein, sie auf ihrem Hausboot in Sausalito bei San Francisco zu besuchen, was wir natürlich mit Freuden zusagen.

Prince Rupert, unser Ankunftsort, jetzt wiederum in Kanada gelegen (manchmal weiß man vor lauter kurz aufeinander erfolgten Grenzübertritten momentan gar nicht mehr wo man gerade ist und man hat meistens das falsche Geld in der Tasche,…), begrüßt uns gleich mal standesgemäß, nämlich mit Regen. Das Städtchen ist mit 2.600 mm Jahresniederschlag und einer durchschnittlichen Bewölkung von 17 Stunden pro Tag, der regenreichste Ort Kanadas. Die Grenzbeamten nehmen es hier mal wieder, inkl. aktualisierter „Corona App“, besonders genau und die lange Schlange der Fahrzeuge die von der Fähre fahren, will einfach nicht kürzer werden. Es geht gegen Mitternacht als wir endlich Richtung Zentrum unterwegs sind, nix ist’s hier mehr mit Mitternachtssonne und wir finden mit einiger Mühe, im Dunkeln einen Übernachtungsplatz. Am übernächsten Tag läutet, ganz ungewohnt, das erste Mal seit langem, um fünf Uhr früh der Wecker, wir müssen die nächste Fähre erreichen, die uns in 18 Stunden direkt nach Port Hardy, auf die Nordseite von Vancouver Island bringt. Das frühe Aufstehen wird mit strahlendem Sonnenschein belohnt, der uns den ganzen Tag über erhalten bleibt und uns unzählige Wal- und Delphinsichtungen auf dieser fantastischen Überfahrt beschert.

Wir wollen das über 31.000 km2 große Vancouver Island ganz langsam von Norden nach Süden durchfahren und dabei mehrmals von der Ost- an die Westküste wechseln, um nichts von der Insel, über die ich im Vorfeld schon so viel gelesen habe, zu versäumen. Wir tanken gerade Wasser in einer kleinen Marina in der Nähe von Port Hardy, als wir wieder mal von einem sehr freundlichen Paar angesprochen werden, die staunend neben dem Unimog stehen und sich bei uns über unsere Reise erkundigen. Joanna und Ivo, die ursprünglich aus Polen stammen, leben im Sommer auf Vancouver Island und im Winter in Mexico und auch sie laden uns gleich ein, sie unbedingt dort zu besuchen und geben uns die Adresse. Wir freuen uns natürlich immer ganz besonders, wenn wir Anlaufstellen zu Einheimischen bekommen, weil es keine bessere Möglichkeit gibt, um an Insiderinformationen zu kommen und wir versprechen den beiden, auf jeden Fall vorbeizukommen. Wir haben übrigens inzwischen eine große Sammlung von Adressen und Telefonnummern, nicht nur von Menschen die uns einladen, sondern viele wollen tatsächlich unseren Unimog kaufen! Eine der ersten Fragen lautet meistens: „Was macht ihr damit, wenn ihr in zwei Jahren zurück nach Österreich geht?“ Auch wenn wir jedem sagen, dass wir ihn wieder mitnehmen werden, drücken uns viele dann eine Karte oder Name und Telefonnummer in die Hand und meinen: „Egal, solltet ihr Eure Meinung ändern, sagt uns bitte sofort Bescheid, wir kaufen ihn auf jeden Fall,…und kein einziger hat bisher nach dem Preis gefragt,…!“

Unser nächster Halt ist in „Telegraph Cove“, einem Fischerdörfchen wie aus dem Bilderbuch. Keine 20 Menschen leben dauerhaft hier in der früheren Telegraphenstation für den Norden der Insel. Die kleine Marina mit den Fischerbooten, aus der der ganze Ort eigentlich nur besteht, begeistert uns gleich vom ersten Moment an. Hierfür nehmen wir auch den Aufenthalt auf dem winzigen Campingplatz des Orts in Kauf, umso mehr, als wir einen traumhaften Blick von unserem Standplatz aus über den Hafen haben. Wir spazieren über die Holzstege rund um den Ort und, obwohl wir beide nicht rauchen, schütteln wir wieder einmal den Kopf über die strikten Anti-Rauchergesetze in Kanada, die das Rauchen nicht einmal auf einer abgelegenen Bank direkt am Meer erlauben – Also man kann es ja wirklich auch übertreiben! Und – es ist genau der richtige, romantische Traumplatz um Karl’s  Geburtstag zu feiern, was wir mit einem unglaublich guten „Sea Food Dinner“ im hiesigen „Old Saltery Pub“, bei einzigartigem Blick auf die Boote in der Marina und einer anschließenden kleinen Feier „bei uns zu Hause“ auch ausgiebig tun.

 

 

Ungefähr eine Woche bis 10 Tage hatten wir für unseren Aufenthalt auf Vancouver Island geplant, wieder einmal kommt es aber anders. Wir kontaktieren Hans Mross, „Unimog Hans“ wie er auch genannt wird, ursprünglich aus Norddeutschland stammend, betreibt hier seit Jahrzehnten eine Import- und Servicefirma für Unimogs, wahrscheinlich die einzige auf dem amerikanischen Kontinent. Er ist seit langem eine Institution in der „Overlander-Szene“ und fast jeder, der mit einem Unimog in diesem Land unterwegs ist, legt bei ihm einen Stopp ein. Wir fragen an, ob wir zum Service vorbeikommen dürfen, Hans schreibt uns aber umgehend zurück, es tue ihm sehr leid, er sei zur Zeit gerade in Afrika (wie wir später erfahren ist er nämlich ein passionierter Jäger), dann noch auf Urlaub in Deutschland und erst ab dem 14. August wäre er wieder zurück in Langley, in der Nähe von Vancouver. Das Ganze erfahren wir am 23. Juli, das heißt, wir müssen – oder dürfen – mindestens 14 Tage länger als geplant auf Vancouver Island bleiben. Da im Moment Traumwetter auf der Insel herrscht und auch die Vorhersage weiterhin nur Sonne verspricht, fällt uns die Verlängerung aber nicht wirklich schwer. Wir schreiben Hans noch welche Teile wir unbedingt benötigen, vereinbaren mit ihm einen Termin für den 16. August und stürzen uns freudig in unsere Auszeit.

Als erstes machen wir einen, eigentlich ungeplanten, größeren Abstecher in den Süden der Insel, denn in der Doppelstadt „Comox-Courtenay“ findet, wie ich kurzfristig herausgefunden habe, nach zweijähriger „Corona-Abstinenz“, wieder die „Comox Valley Classic Cruiser Show“ statt. Ein Treffen von Oldtimern, die am Samstag in einer großen Auto-Parade, die durch die ganze Stadt führt, präsentiert und am Sonntag mit offenen Motorhauben in einem Park zur Schau gestellt werden. In der Ankündigung steht „Teilnahme für jeden möglich“ und, da wir ja Tag für Tag die Begeisterung für unseren Unimog hier erleben, und der ja auch schon, zumindestens teilweise, ein echter Oldtimer ist, machen wir uns einen Spaß und ich melde uns kurzerhand für die Parade an. Wir fahren dann mitten unter den Oldtimer-Prunkstücken durch die Stadt. Die Resonnanz ist nicht zu fassen: Die Leute applaudieren, winken, springen begeistert aus ihren entlang der Straßen aufgestellten Campingstühlen, zeigen uns das Victory-Zeichen und sind total aus dem Häuschen. Bei uns würde es am Schluss der Parade vielleicht ein Bierzelt geben, in Kanada endet der Umzug am Parkplatz einer Fast-Food-Kette und jeder Teilnehmer erhält einen Gutschein für Burger, Pommes und einen Softdrink – Andere Länder andere Sitten. Auch hier bleibt der Unimog von Menschen umringt und ein Herr hat sich extra ins Auto gesetzt und ist hinter uns her gefahren, um uns jetzt persönlich zu sagen, dass unser Unimog für ihn das große Highlight der ganzen Parade war – Es ist einfach nicht zu glauben,…! Wir haben somit jede Menge Spaß hier, bleiben über Nacht in der Stadt und schauen uns dann am nächsten Tag natürlich noch die ausgestellten, in der Sonne blitzenden Oldtimer ganz aus der Nähe an. Auf jeden Fall hat es sich für diesen Spaß ausgezahlt, 250 km her und nach dem Wochenende wieder die gleiche Strecke zurück zu fahren.

 

 

„Insel Träume“ und „Was Mädchen wünschen…“

Wir fahren fast wieder bis ganz in den Norden der Insel, nämlich bis Port Mc Neill, denn der Eigentümer des Campgrounds in Telegraph Cove hat uns den Tipp gegeben, zu einem seiner persönlichen Lieblingsplätze zu fahren. Vom kleinen Hafen Port Mc Neill legt mehrmals täglich eine Autofähre zur winzigen Insel „Malcolm Island“ ab. Hier sollen wir uns auf dem, versteckt auf einer Landzunge gelegenen, Naturcampground „Bere Point“ einen Platz ganz vorne am Meer nehmen. Die Insel an sich sei schon einen Besuch unbedingt wert, zusätzlich kämen aber um diese Jahreszeit auch noch die Orcas, also die „Killerwale“, die eigentlich zur Famiilie der Delfine gehören, dort bis fast an den Strand, um sich genau hier an den Felsen zu „schrubben“, ein Phänomen, das bis heute von den Forschern noch nicht geklärt wurde. Gesagt, getan, wir begeben uns auf die Fähre und landen auf der wirklich winzigen Insel, wo fast ein bisschen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Wir fahren auf einer engen Schotterstraße durch den dichten Wald bis zum „Bere Point“, müssen dort aber leider feststellen, dass der wirklich grandios gelegene Campingplatz, der ohne Strom, ohne Wasser und nur mit ein paar Plumpsklos auskommt und auf dem ein Camper den anderen nicht einmal sieht, so versteckt und weit auseinander liegen die einzelnen Plätze, bis auf den letzten Platz ausgebucht ist. Na ja, wahrscheinlich macht ein Campingplatz-Chef halt auch nie mitten in der Hochsaison Urlaub – Ist ja klar – und daher hat er wohl gar nicht daran gedacht uns zu sagen, dass wir reservieren sollen. Der netten Dame die den Platz betreut, tun wir dann aber doch noch leid, wie wir da so ohne Reservierung stehen und sie verhilft uns irgendwie zu einem Stellplatz für ein paar Tage, natürlich aber nicht vorne am Meer, sondern ganz hinten im Wald. Aber, besser als nichts, hauptsache wir dürfen bleiben! Wir machen das Beste draus, jeden Tag am Vormittag stellen wir den Unimog ganz vorne in den wunderschönen, öffentlichen „Day use“-Bereich, direkt ans Wasser und hören in der Nacht hinten in unserer „Waldhöhle“ nichts außer Vogelgezwitscher. Wir wandern  den „Beautiful Bay Trail“ entlang der Küste, der seinem Namen mit fantastischen Ausblicken alle Ehre macht, wir picknicken am Strand, beobachten die Weißkopfseeadler, wandern zum wunderschönen Leuchtturm am anderen Ende der Insel, sitzen am Abend am Lagerfeuer und genießen die Pause vom Fahren. Jeden Tag strahlt die Sonne, keine Wolke trübt den dunkelblauen Himmel, British Columbia gibt eine Hitzewarnung für Vancouver und Vancouver Island heraus, hier auf Malcolm Island herrschen aber, durch den immer leichten Wind, angenehme Temperaturen. Und – Wir lernen auch wieder mal was dazu: Wir verlassen unseren Stellplatz einmal und fahren in den „Hauptort“ der Insel, der nur aus ein paar Häusern, einem General Store und dem Fähranleger besteht. Als wir wieder zurückkommen, hat man uns unser Feuerholz geklaut. Na ja, eigentlich nicht geklaut, wir waren natürlich selber schuld (wir haben halt auch nicht wirklich viel Campingplatzerfahrung,…). Weil wir gar nichts untertags auf dem Platz zurückgelassen hatten, haben vorbeifahrende Neuankömmlinge wahrscheinlich geglaubt, wir wären abgereist und hätten das Feuerholz für die Nächsten übriggelassen und haben es sich, in gutem Glauben, genommen –  So werden wir von der Campingplatz-Dame darüber aufgeklärt. Nächstes Mal zumindestens einen Campingstuhl auf den Tisch legen, dann passiere so was nicht. Zähneknirschend kaufen wir bei ihr neues Feuerholz, weil nur das darf hier verwendet werden. Von der Hitzewelle und extremen Trockenheit scheint sie in ihrer Insel-Abgeschiedenheit noch nichts mitgekriegt zu haben, so lange nichts „von oben“ verordnet wird, können alle also ruhig weiterhin Lagerfeuer anzünden. Wir sind diesmal aber wirklich besonders vorsichtig und hoffen, dass es die anderen auch sind, nicht dass die dichtbewaldete Insel inklusive uns demnächst in Flammen steht. Die letzte Nacht hier verbringen wir dann in der idyllischen, kleinen Marina, freistehend, ohne dass sich irgendjemand darüber beschwert und genießen dort wieder mal komfortable Duschen mit mehr Platz als „bei uns zu Hause“, einen gut gewarteten Waschsalon, Internet samt einem „Schreibtisch mit unbezahlbarer Aussicht“ für mich und einen „Fish&Chips“-Stand, wo wir uns wunderbaren, gebackenen Heilbutt mit hausgemachter Sauce Tartare schmecken lassen. Das einzige was wir in all den Tagen leider nicht sehen sind die Wale, die schrubben sich wahrscheinlich gerade wo anders. Trotzdem sind wir uns einig: Die Insel war ein absolutes Highlight – Die Tipps der Einheimischen sind halt immer noch die Besten!

Wir fahren mit der Fähre zurück nach Vancouver Island und dort, bei ständig über 30 Grad schwitzend, weiter Richtung Süden. Noch einmal halten wir in Comox, das wir bereits von der Oldtimer-Ausstellung her kennen. Hier  gibt es viele Geschäfte und ich habe im Moment ein echt groooßes Problem: Mein Glätteisen ist kaputt! – Jaaaa, das IIIST ein großes Problem! Für meine Naturlocken fehlt es hier an Luftfeuchtigkeit und so schaue ich aus wie ein struppiger Hund und jammere Karl dementsprechend jeden Tag darüber die Ohren voll. Er nimmt das stoisch zur Kenntnis, kennt mich aber lange genug, als dass er weiß, dass ich sowieso keine Ruhe geben werde, bevor ich nicht ein neues habe. So fährt er mich, um des lieben Friedens willen, ohne zu Murren, von einem Elektromarkt zum Nächsten, bis wir dann, nach langer Suche, tatsächlich endlich eines finden, das zwar nicht perfekt ist, aber zumindestens sowohl bei den in Amerika üblichen 110 Volt als auch bei den 220 Volt in unserem Unimog funktioniert. Noch schnell ein Zwischenstecker zu unserer Steckdose gekauft und meine Beauty-Welt ist wieder in Ordnung – Weil ich halt ein Mädchen bin,… !

Comox ist zudem eine wunderschöne Stadt mit großartigen Stränden und wir übernachten, natürlich freistehend, am fantastischen Point Holmes und sehen hier wieder einmal die Weißkopfseeadler – und das ganze gleich vom Bett aus. Direkt über uns und zum Greifen nahe vor uns am Strand, tummeln sich einige dieser faszinierenden Vögel, die erst mit fünf Jahren ihre charkteristische, weiße Färbung des Kopfgefieders bekommen. Zudem tanken wir in Comox wieder einmal unschlagbar günstig. Der Liter Diesel kostet hier umgerechnet € 1,37 und wir füllen natürlich gleich mal alle Tanks auf.

Wir wollen durch eine Fahrt an die Westküste der Hitze der Osthälfte entfliehen. 200 km lang windet sich die enge Straße, fast wie im Gesäuse, durch enge Flusstäler, bis wir im verschlafenen Hafenstädtchen Ucluelet ankommen. Bereits lange bevor wir den Ort erreichen, sehen wir vor uns eine ganz ungewohnte, tief unten hängende, Wolkendecke und sind dann trotzdem überrascht, dass wir vom strahlenden Sonnenschein so plötzlich im dichten Nebel landen, der, wie wir später hören, auch im Hochsommer immer wieder in dieser Ecke der Insel einfällt. Wir finden einen schönen Stellplatz im Zentrum, direkt an der Marina und freuen uns, dass es hier weit und breit kein „No overnight parking“-Schild gibt, dafür aber, gleich nebenan, ein sehr gemütlich aussehendes Lokal, das uns zu „Sea food, Steaks, Ribs and Beer“ einlädt. Die Enttäuschung erfolgt sofort beim Näherkommen, denn vor dem Eingang erwartet uns ein Schild auf dem steht, dass das Lokal heute früh schließen muss, weil sie zu wenig Mitarbeiter haben. Es macht also keinen Sinn, sich hinter der bereits langen Schlange von dort wartenden Menschen anzustellen. Auf dieses Problem der Mitarbeiterknappheit stoßen wir schon seit unserer Ankunft überall, sowohl in Kanada als auch in den USA. Wie bei uns, will auch hier niemand mehr im Hotel- und Gastgewerbe arbeiten, obwohl die Löhne dieser Branche, wie wir immer wieder hören, insbesonders durch das Trinkgeld von mindestens 15 bis 25 %, die hier jedem Gast beim Bezahlen abgeknöpft werden, wirklich in Ordnung sind. Der Mitarbeitermangel betrifft aber nicht nur das Hotel- und Gastgewerbe, auch bei fast allen anderen Firmen in den verschiedensten Branchen, hängt am Eingang ein „We are hiring“-Schild, aber niemand hat eine Antwort für uns auf die Frage warum das so ist, obwohl die offiziellen Arbeitslosenzahlen niedrig sind. Am nächsten Tag, einem Montag, ist hier Feiertag, nämlich „B.C. Day“, der Gründungstag von British Columbia und viele Kanadier haben anscheinend das lange Wochenende für einen Kurzurlaub genützt. Vor jedem der wenigen hier vorhandenen Lokale steht bereits eine lange Warteschlange. Kein Problem für Kanadier, die stellen sich auch nur für ein Eis oft eine Stunde lang geduldig an, für uns ist das aber keine Option. Wir finden dann, nach einiger Suche, eine kleine Brauerei, die zwar auch voll ist, aber Karl ignoriert, wie immer, das „Wait to be seated“-Schild am Eingang und organisiert uns blitzschnell zwei Barhocker, bevor die Kellner überhaupt zum Schauen kommen.  In dieser Disziplin ist er absoluter Meister! Hier wird uns dann, neben großartigem Bier,  auch eine, für kanadische Verhältnisse wirklich anständige Jause verkauft und der Abend ist gerettet. Nach ein paar Absackern in einer gemütlichen, kleinen Bar fallen wir im Hafen in tiefen Schlaf. Dieser wird allerdings gegen 06.30 Uhr aprupt unterbrochen, indem sehr unsanft an die Unimog-Tür geklopft wird. Das erste Mal seit New York City steht eine nicht sehr freundliche Wächterin vor der Tür und belehrt uns, dass man hier nicht übernachten darf, es ist ihr egal dass es dazu kein einziges Schild gibt und sie meint, dass wir jetzt dreihundert Dollar Strafe zahlen müssen. Karl redet sich heraus, dass wir erstens kein Schild gesehen und dann auch noch ein bisschen was getrunken hätten und somit nicht mehr wegfahren hätten können. Sie verzichtet daraufhin gnädig auf die Strafe, wartet aber neben uns so lange, bis wir wirklich, ohne Aufschub, den Platz verlassen. Da wir nun eh schon mal mehr oder weniger wach sind, wollen wir uns gleich das nur 25 km entfernte Dorf „Tofino“ anschauen, das als „Surfmekka“ von Kanada gilt und uns von vielen Seiten als unbedingt sehenswert beschrieben wurde. Doch wieder einmal stellt sich das im Vorfeld am meisten Hochgelobte als große Enttäuschung heraus. Der Ort hat gar kein richtiges Zentrum, Souvenirgeschäfte und ein paar unattraktive Cafés und Restaurants ziehen sich entlang der Straße. Die, zugegeben wunderschönen, endlos langen Strände liegen alle außerhalb des Orts. Wir halten am Long Beach und beobachten die Surfer, die sich in Neoprenanzügen, bei 16 Grad Wassertemperatur und nebelverhangenem Wetter, unverdrossen ihrem Hobby widmen. Vielleicht liegt es am Nebel, oder auch daran, dass wir keine Surfer und zudem ziemlich unausgeschlafen sind, wir finden rein gar nichts wirklich großartig hier in Tofino und fahren die paar Kilometer zurück nach Ucluelet. Hier zeigt sich dann über Mittag  genau für zweieinhalb Stunden die Sonne, bevor der Nebel wieder einfällt und, nur weil wir noch müde sind, verbringen wir eine weitere Nacht hier, diesmal aber, ungern aber mangels Alternativen, auf dem sauteuren Campingplatz gegenüber der Marina. Nachdem wir am nächsten Morgen wieder im Nebel aufwachen, flüchten wir umgehend von der düsteren Westküste. So hatten wir uns die Abkühlung nicht vorgestellt, lieber schwitzen wir und haben Licht und Sonne. Vor der Abreise kaufen wir im ortsansässigen Fischgeschäft zwar keine Krebse, die uns immer ein bisschen leid tun, wie sie hier in ihrem Aquarium auf ihren letzten Weg auf den Teller warten, dafür aber ganz frische Lachs-Steaks, die wir für den Abend mitnehmen. Wir landen dann bereits nach 40 km wieder mitten im strahlenden Hochsommer, was uns schlagartig die gute Laune zurückbringt. Am Abend, in der wunderschön gelegenen „China-Creek-Marina“, als die Lachs-Steaks auf dem Grill brutzeln und wir bei eiskaltem Roséwein den Kite-Surfern bei ihren Kunststücken zuschauen, ist unsere Welt wieder in Ordnung.

 

„Urlaub vom Reisen“ bzw. „Schlauchboot versus PS“

Auch die nächsten zehn Tage verbringen wir so als wären wir im Sommerurlaub. Wir suchen uns die schönsten Plätze und Strände von Vancouver Island aus, während wir langsam Richtung Süden fahren. Wir meiden komplett die teuren Campingplätze, bleiben immer, trotz „No overnight parking“-Schildern, so lange stehen, bis, meistens nach zwei, drei Tagen, irgendeine zuständige Person bei uns vorbeikommt. Diese erteilt uns dann, immer sehr freundlich, einen Hinweis, dass er oder sie unseren Unimog zwar wirklich absolut großartig findet, uns aber jetzt schon länger hier stehen sieht und wir uns jetzt dann doch bitte mal wieder langsam schleichen sollen. Kein Problem, dann wechseln wir zum nächsten Traumplatz und beginnen das Spiel von vorne. So lernen wir gratis die tollsten Plätze kennen, wie den „Qualicum Beach“ wo wir direkt am Strand parken oder den „Westwood Park“, wo wir einige Tage direkt am warmen „Westwood lake“ verbringen, den wir am Abend nur mit ein paar Gänsen teilen.

Nach einem kurzen aber wirklich lohnenden Stopp im winzigen Städtchen „Chemainus“, das für seine riesigen „Murals“, also Wandbilder an Häusern, bekannt ist, erreichen wir dann irgendwann den „Lake Cowichan“, einen der größten Seen der Insel, über den ich gelesen habe, dass hier, am Ausfluss des Sees, „River Tubing“ angeboten wird. Das dürfen wir uns natürlich keinesfalls entgehen lassen. Wir entscheiden uns für die etwas luxuriösere Ausführung der Reifen mit Boden und Paddel und lassen uns bei bester Laune an einem sonnigen Nachmittag zweieinhalb Stunden lang gemütlich den „Cowichan River „ hinuntertreiben. Was wir leider im Vorfeld nicht gewusst haben, ist, dass man sich auch ein kleines Zusatz-Mini-Schlauchboot, einen sogenannten „Cooler-Carrier“ zum Anhängen hätte leihen können, um Platz für eine Kühltasche mit Getränken zu haben, was wir dann, bereits auf der Fahrt, etwas neidisch, bei anderen sehen – Aber, zumindestens ein Eis können wir uns unterwegs vom Boot aus kaufen. Am Abend finden wir einen super Standplatz neben dem Hafen und Karl kommt von seinem in jeder Marina üblichen „Ich geh dann mal Schifferl schauen“-Rundgang mit einer super Information zurück: Die verleihen dort Motorboote – Das ist doch genau das Richtige für uns und etwas Speed können wir nach dem heutigen, geruhsamen „River-Floating“ ohne weiteres vertragen! Ich schaue gleich im Internet nach und buche uns für den ganzen, nächsten Tag eine 18,5 ft Sea-Ray mit genügend PS um richtig Spaß damit zu haben.

Diesmal muss die Kühltasche natürlich mit, wir packen uns ein großes Picknick und Getränke ein und sind um 09,00 Uhr früh unten im Hafen. Selbstverständlich braucht man auch hier in Kanada für so ein Motorboot einen Bootsführerschein, aber so einen wie Karl’s „Schiffsführerpatent“ aus 1976, mit dem nicht mehr gaaanz so aktuellen Foto und Original Österreichischen Stempelmarken, nein, sowas hat die nette Dame vom Verleih noch nie in ihrem Leben gesehen. Da muss sie sich erst mal hinsetzen und studiert etwas ratlos das bereits leicht ramponierte Dokument. Karl lässt ihr gar keine Zeit zum langen Überlegen, erklärt ihr, dass er damit auch viel gößere Schiffe steuern darf und dass er über 30 Jahre Erfahrung hat, also sei das für so ein kleines Boot ja wohl sowieso nicht der Rede wert,… . Das sieht sie lachend ein und sie notiert dann irgendeine Nummer daraus auf ihrem Verleihvertrag, man muss dann sowieso auf zehn Seiten, die sich kein Mensch durchliest, unterschreiben, dass man für alles was man kaputt macht haftet usw. . Dann kann der Spaß losgehen. Wir verbringen einen wirklich perfekten Tag auf dem Wasser. Wir genießen es, wieder einmal richtig Gas geben zu können, drehen die Rockmusik aus den Lautsprechern auf Anschlag und ankern zwischendurch in ruhigen, kleinen Sandbuchten mit absolut klarem Wasser, wo wir schwimmen und jausnen. Genau so hatten wir uns unsere Reise immer vorgestellt: Lange Fahrten durch einsame Gebiete, Abenteuer in fremden Ländern und Spaß und Relaxen zwischendurch – Ja, manchmal läuft’s halt einfach,… !

In der zweiten Nacht, die wir ebenfalls noch hier, neben der Marina des Covichan Lakes, verbringen, kriegen wir mal wieder pelzigen Besuch. Mitten in der Nacht werden wir von lautem Lärm geweckt und sehen vom Fenster aus, wie ein großer Schwarzbär ca. fünf Meter von uns entfernt, gerade genüsslich die dort platzierte Mülltonne ausräumt und den ganzen Müll, den er nicht gleich frisst, im weiten Umkreis verstreut. Normalerweise sind die Mülltonnen überall bärensicher, doch bei dieser dürfte wohl der Verschluss kaputt sein, was der Bär anscheinend genau weiß und sofort ausnützt. Leider ist es zu dunkel für ein Foto, aber wir denken daran, dass wir noch vor ein paar Stunden, nur ein paar Meter von hier entfernt, gemütlich am einsamen Tisch zwischen Wald und Parkplatz, im Dunkeln gesessen sind. Ein bisschen mulmig wird einem bei dem Gedanken dann doch. Mehr als mulmig dürfte es dem jungen Deutschen geworden sein, der direkt neben der besagten Mülltonne in seinem Auto übernachtet hat, gerührt hat er sich jedenfalls die ganze Zeit des Bärenbesuchs über nicht. Am nächsten Morgen kommt ein Herr von der Marina, der den Parkplatz kontrolliert, er räumt die nächtliche Sauerei auf und erzählt uns, dass er den 200 kg Bären bereits kenne, der es eben ausnütze, dass noch keiner hier die Mülltonne repariert habe und seither regelmäßig vorbeikomme. Er hoffe, dass die Reparatur nun wirklich bald einmal erfolgen werde, aber er wisse ja, die Firmen haben einfach kein Personal,… .

Der nächste Tag bringt ausnahmsweise seit langem wieder mal bewölkten Himmel, wir nützen ihn als außerordentlich ausgiebigen Waschtag, denn leider gibt es mal wieder ein Problem mit den Sachen in unserer Dachbox. Dort, wo es eigentlich bis jetzt wirklich trocken war und wo, je nach Jahreszeit, diejenige Kleidung verstaut ist, die wir aktuell nicht brauchen, hat sich wohl durch das abwechselnd warme und kühle Wetter Kondenswasser gebildet und eine ganze Tasche meiner Lieblingssachen, die ganz unten in der Kiste waren, ist nur mehr ein zusammengeklebter Haufen Schimmel. Ich bekomme einen kurzfristigen Heulkrampf als ich meine geliebten Sommerkleider in diesem Zustand vor mir ausbreite. Mein unter Tränen gejammertes „Das kann ich alles wegschmeißen“ stoppt Karl dann gleich mal in seiner unnachahmlichen Art, mit einem, wie gewohnt nicht besonders einfühlsamen, aber durchaus berechtigten: „Red‘ keinen Blödsinn, hör auf zu heulen und wasch‘ das ganze Zeug“. Kurz überlege ich, mich während die Waschmaschinen laufen, mit etwas Cannabis aus dem Nachbarshop zu beruhigen, denn im Gegensatz zu Rauchern und Leuten die Alkohol trinken, werden die Cannabis-Raucher seit 2018 in Kanada an jeder Ecke bedient und die Produkte sogar nach Hause geliefert. Ich lasse es dann aber doch lieber bleiben und tatsächlich: Nach der heutigen, ausgiebigen Wäsche, stellt sich heraus, dass es alle Kleider ohne Schaden überlebt haben. Keinesfalls und schon überhaupt gar nicht kommt natürlich jetzt für mich in Frage, dass sie noch einmal dort hinauf in diese Kiste wandern und, da mein persönlicher Stauraum ja bereits bis zum Bersten voll ist, wird es in der Kabine halt wieder einmal ein bisschen voller. Karl ist darüber mit Recht nicht besonders glücklich, aber wahrscheinlich denkt er sich „Happy wife – Happy life“ und nimmt brummend zur Kenntnis, dass ich noch ein paar Haken, unter anderem auf der Badezimmertür, montiere und dass dort ab sofort nicht mehr seine Hüte, sondern meine Kleider wohnen… .

Nicht nur für mich strahlt dann am nächsten Morgen wieder hell die Sonne und wir machen uns auf nach Port Renfrew, angeblich ein in früheren Zeiten sehr beliebter Hippie-Ort, wovon aber leider, mit Ausnahme eines sehr gemütlichen Pubs, rein gar nichts mehr übrig zu sein scheint. Die Nacht verbringen wir auf einem Campground der „Pachedaht First Nation“ – früher hätte man wohl Indianer gesagt – was ich in diesem Blog auch ohne schlechtem Gewissen manchmal tue. Der kleine Naturcampingplatz befindet sich in einer traumhaften Bucht und wir haben einen wunderbaren Standplatz fast direkt am Wasser, aber ein heftiger, eiskalter Wind pfeift unaufhörlich durch die eigentlich geschützt liegende San Juan Bay und macht weder Schwimmen noch draußen Sitzen möglich. Wir verlassen daher diesen eigentlich wirklich schönen Platz bereits nach einer Nacht und machen uns auf den Weg in die, ganz an der Südspitze liegende, Hauptstadt von Vancouver Island, nach Victoria.

Im wirklich charmanten Victoria, benannt nach der britischen Königin, geht es mitunter angeblich britischer zu als in Großbritannien. Man sieht rote Doppeldecker-Busse die durch die 80.000 Einwohner-Stadt fahren und beim traditionellen „Afternoon Tea“ im altehrwürdigen „The Fairmont Empress Hotel“ ist man ab ca. hundert Dollar pro Personen dabei, keine Chance aber ohne vorherige Reservierung. Wir machen uns aber eh nichts aus Tee aus hauchdünnem Porzellan und auch nichts aus randlosen Gurkensandwiches und suchen uns erst mal einen Stellplatz. Hier macht es sich, wie in den meisten Städten, wieder einmal bezahlt, dass wir mit unserem Unimog mit seinen, jetzt inkl. Seilwinde sechs Metern Länge, auf jedem ganz normalen Parkplatz stehen können. Oft werden wir von anderen Overlandern gefragt: „Habt ihr auch Fahrräder für die Stadt dabei?“ Unsere Anwort lautet dann immer: „Nein, wir haben einen Unimog“,…! Wir finden also einen absolut leistbaren 24-Stunden-Parkplatz, mitten in Downtown-Victoria und starten zur Stadterkundung. Die „Fenster“ mit der auf uns herunterschauenden Familie, sind übrigens wieder einmal unglaublich gut gemachte „Murals“ in 3D, man kann beim schnellen Hinschauen gar nicht glauben, dass das Ganze nur gemalt ist! Gerade wollen wir vom Unimog weggehen, da hält uns ein Herr auf, der auf seinem Fahrrad bewundernd unser Fahrzeug umkreist. Wir kommen natürlich ins Plaudern und es stellt sich heraus, dass er der  Eigentümer dieses Parkplatzes ist. Als er erfährt, dass wir gerade erst in Victoria angekommen sind, verschiebt er extra für uns seine Radtour, kehrt um und nimmt uns mit zu sich nach Hause, das gleich ein paar Meter entfernt in einem wunderschönen Stadtpalais (wir sind sicher, das gehört ihm auch,…) liegt. Er schreibt uns dann besondere Tipps für die Stadt auf und zudem stellt er sich auch noch als profunder Kenner von Mexico heraus und wir bekommen eine eigene Liste von „touristenfreien“ Mexico-Empfehlungen von ihm. Victoria begeistert uns dann von Anfang an. Es besteht aus einem wunderbaren Mix aus Geschäften, Galerien, Cafés und Restaurants, es finden sich Straßenmusiker an vielen Ecken und die Nachtclubszene ist hier endlich einmal richtig bunt vorhanden. Allerdings sehen wir hier auch zum ersten Mal wirklich viele Obdachlose und erfahren dann später von Einheimischen, dass das daran liegt, dass hier das ganze Jahr über ein gemäßigtes Klima ohne Schnee herrscht und daher Obdachlose aus ganz Kanada sich hier und auch in Vancouver konzentrieren. Diese erhalten hier aber wenig bis gar keine Versorgung, was man ihnen auch ansieht –  Ja, da fragt man sich dann schon: Wo bleibt denn da die wunderbare, linksliberale Politik von Herrn Trudeau?!

„Böse Buben“ und „Unter uns Hippies von heute“

In der ersten Nacht auf unserem beleuchteten, angeblich 24 Stunden mit Kameras überwachten Parkplatz, mitten im Zentrum von Victoria, bekommen wir dann zum allerersten Mal seit wir unterwegs sind, wirklich ungebetenen Besuch. Gegen fünf Uhr früh werden wir wach, weil der Unimog leicht wackelt. In diesem Fall sind die Spiralfedern wirklich von Vorteil, denn sie übertragen jede kleinste Bewegung. Jemand ist vorne auf das Fahrzeug geklettert. Wir haben extra für solche Fälle eine starke Außenbeleuchtung montiert, die wir von der Kabine aus einschalten können. Nur hilft uns das im Moment gar nichts, weil draußen ist es bereits fast taghell. Wir können von unseren Fenstern hier hinten zuerst nur vage zwei Personen mit Kapuzenpullis sehen, sind aber sicher, dass dort vorne gerade ohne Zweifel irgendetwas bedenkliches vor sich geht. Kurz überlegen wir, wie wir weiter vorgehen wollen, Karl macht sich, samt Baseballschläger und gemurmeltem „Na woarts, a poaar Watschn gibts glei“ bereit zum Aussteigen, da kommt einer der beiden in die Richtung eines der, wie immer bei der Hitze auch in der Nacht weit offenen, Kabinenfenster und beginnt heraufzusteigen. Karl wartet bis er fast ganz heroben am Fenster ist, reißt dann das Fliegengitter hoch und und lässt ein donnerndes „Wos is do los!!!“ auf den Nichtsahnenden los. Der überschlägt sich fast bei seinem Abgang und wir sehen, wie die beiden Gestalten Hals über Kopf mit einem Rollkoffer, in dem sich wahrscheinlich Einbruchswerkzeug befindet, über den Parkplatz flüchten. Da wir eher nicht annehmen, dass sie zurückkommen, schlafen wir erst einmal weiter und sehen dann am Vormittag, dass man uns die beiden Gurte, mit denen unsere Dachbox montiert ist, durchgeschnitten hat. Wahrscheinlich wollten die beiden die ganze, abgesperrte Box stehlen, haben dann aber ein Problem damit bekommen, diese, schwer wie sie ist, auch vom Dach herunterzubekommen und wollten daher vielleicht stattdessen dann leichtere Beute durch die offenen Kabinenfenster machen. Dass sie dabei nicht daran gedacht haben, dass sich sehr wahrscheinlich jemand im Fahrzeug befindet, zeugt nicht gerade von hoher Intelligenz, wahrscheinlich eben Kleinkriminelle die auf schnelle Beute aus waren. Dass das Ganze auch noch dazu, zwar frühmorgens, aber doch bei Tageslicht und mitten in downtown Victoria, neben einer vielbefahrenen Straße und auf einem kameraüberwachten Parkplatz passiert ist, lässt uns trotzdem gleich am nächsten Tag aufrüsten. Wir kaufen bei „Canadian Tire“ neue Gurte und zusätzlich eine ordentliche Kette und sichern die Kiste damit am Dachträger mit einem zusätzlichen Schloss, weithin sichtbar für alle, die hier vielleicht in Zukunft wieder einmal denken, dass es bei uns auf schnelle Art was zu holen gäbe.

Wir verbringen dann noch eine zweite, diesmal ungestörte, Nacht auf dem gleichen Parkplatz und einen weiteren, entspannten Tag in Victoria. Wir spazieren zur hiesigen „Fishermans Wharf“, einer Ansammlung von bunten Hausbooten und Restaurants, essen dann aber natürlich nicht in der dortigen Touristenfalle bei „Barb’s“ – Nein, wir sind schließlich mit Insider-Informationen ausgestattet und genießen wunderbares Clam-Chowder (ich liiiebe inzwischen diese Suppe aus Muscheln und Meeresfrüchten!) und Fisch in bester Qualität, nur zwei Minuten entfernt und nicht einmal zum halben Preis, dort wo es auch die Einheimischen tun, nämlich bei „Best at sea“, wo man Fisch und Meeresfrüchte nicht nur vorort essen sondern auch als beste Rohware mitnehmen kann.

Viel zu schnell ist unser „Urlaub vom Reisen“ vorbei und der Termin bei „Unimog-Hans“ naht. Wir nehmen 40 km nördlich von Victoria die Fähre, die uns vom Hafen „Swartz Bay“ in eineinhalb Stunden zurück aufs kanadische Festland zum Hafen von „Tsawwassen“bei Vancouver bringt. Wir verbringen die letzte Nacht vor unserem Servicetermin dann gleich direkt in Langley, nicht weit von Vancouver entfernt, damit wir pünktlich am Vormittag des 16. Augusts bei Hans ankommen. Dort eingetroffen, stehen wir aber ratlos vor einem großen, verschlossenen Tor an der Einfahrt zu seinem Grundstück. Als wir noch überlegen, was wir jetzt tun sollen, naht von innen ein Auto mit einer Dame, die gleich aussteigt und fragt ob sie uns helfen kann. Sie stellt sich als Hans‘ Frau vor und informiert uns, dass dieser sich noch in Deutschland befände, da er sich dort mit Corona angesteckt hätte und daher nicht fliegen durfte. Uns darüber zu informieren hätte er dabei wohl vergessen, was ihr sehr leid tue, was uns aber gerade auch nicht viel weiterhilft. Sie ruft dann Hans gleich von ihrem Handy aus an und Karl kann mit ihm sprechen und erfährt, dass es jetzt noch einmal eine Woche länger bis zu seiner Rückkehr dauert. Was soll’s, wir können’s eh nicht ändern, wir brauchen dieses Service unbedingt und nach der ersten Enttäuschung machen wir wieder einmal das Beste daraus, denn schließlich gibt es wirklich schlechtere Plätze als die wunderschöne Umgebung von Vancouver, um sich noch einmal eine Woche, bei vorausgesagtem Traumwetter, um die Ohren zu schlagen. Wir möchten möglichst einen Platz finden, an dem wir einige Tage oder vielleicht sogar die ganze Woche bleiben können. Am Strand soll es sein, kosten soll es, wenn möglich, nichts, ein bisschen Infrastruktur wäre super – Eine spannende Herausforderung!

Nach ein paar Fehlversuchen, die schöne Küste ist hier natürlich dicht besiedelt, finden wir noch am gleichen Tag genau das Richtige. Freistehend, direkt am Strand, auf einem der vielen Parkplätze, die sich entlang des kilometerlangen „Spanish Banks Beachs“, südwestlich von Vancouver entlangziehen. Hier gibt es einen traumhaften Sandstrand, das Meer ist sauber, es gibt kostenloses Trinkwasser, Strand-Duschen, Toiletten, Imbiss-Stände, Beachvolleyball-Netze und das Ganze vor der sagenhaft schönen Kulisse der Skyline von Vancouver, von der man schwer sagen kann, ob sie am Tag oder im Abendrot oder mit der nächtlichen Beleuchtung schöner ist. Trotz der überall vorhandenen „No overnight parking“ Schilder wird das Ganze hier geduldet. Von Einheimischen erfahren wir später, dass der Hauptgrund dafür darin liegt, dass es in Vancouver inzwischen so viele Obdachlose gibt, die in ihren Fahrzeugen schlafen und denen man damit die Möglichkeit geben will, irgendwo halbwegs sicher stehen zu dürfen. Von Obdachlosen, so wie man sich diese gemeinhin vorstellt und die wir nachts in den Hauseingängen von Victoria schlafen gesehen haben, bemerken wir die ganze Woche aber genau gar nichts. Wir schließen jeden Tag neue Bekanntschaften in der hier ansässigen Community, die neben Kanadiern und Amerikanern aus Menschen verschiedenster Nationen, von Spaniern bis Philippinos aller Altersgruppen besteht. Manche stehen schon lange hier, andere nur übergangsweise, die meisten aber gehen von hier aus ihrem geregelten Job nach, oder warten erst auf ihre Arbeitsgenehmigung, schlafen aber tatsächlich dauerhaft in ihren Fahrzeugen, meistens in mehr oder weniger ausgebauten Kleinbussen, natürlich in erster Linie um Geld zu sparen.  Dazu gesellen sich wechselnde Overlander wie wir und somit fühlt sich das fast ein bisschen an, wie man sich so eine Hippie-Kolonie in den 60er Jahren vorstellt, manchmal riecht es auch ganz danach…, wenn ihr wisst was ich meine,… . Alles ist ruhig, die Polizei zeigt ganz selten einmal Präsenz, sie winken aber immer nur freundlich aus den Autos heraus oder von ihren Quads herunter, mit denen sie den Strand entlang fahren und sind dann gleich wieder weg. Am Abend läuft Musik, es wird gekocht,  gequatscht und es herrscht einer super Stimmung. Alles bleibt aber sauber, es gibt genügend Mülltonnen die täglich ausgeleert werden, das ganze bleibt ein Parkplatz und wird nicht als wilder Campingplatz missbraucht. Die einzigen, die ab und zu für berechtigtes Kopfschütteln sorgen, sind die mit den riesigen LKW-Wohnmobilen, zu unserer Schande leider meistens mit europäischen Kennzeichen, die sich dann quer über die markierten Parkplätze stellen und schon mal für zwei ihrer Fahrzeuge gezählte dreizehn PKW-Plätze blockieren. Da wäre es kein Wunder, wenn die jetzt so tolerant gehandhabte Regelung nach durchaus verständlichen Beschwerden von Einheimischen, die dadurch keine Stellplätze mehr vorfinden, von den Behörden irgendwann gekippt würde. Ab dem späten Nachmittag füllen sich nämlich jeden Tag die riesigen Parkplätze zusätzlich mit Menschen aus dem nahen Vancouver. Gruppen von Jugendlichen, Familien und Paare, voll bepackt mit Campingmöbeln, Kühltaschen und Grillern, kommen zum Picknicken und Feiern an den Strand, die Volleyballplätze sind in kürzester Zeit besetzt, zu späterer Stunde werden Lagerfeuer  angezündet, von allen Seiten klingt Musik und überall herrscht ausgelassene Stimmung – Hier fühlen wir uns sofort wohl – Hier sind wir genau richtig!  Wir decken uns im Supermarkt noch mit Vorräten für eine Woche ein und verbringen diese bei bester Laune und – für unseren Begriff – In bester Gesellschaft!

Nur für zwei Tage verlassen wir dann unseren Traumplatz und begeben uns ins Innere von Vancouver. Wieder parken wir auf einem 24-Stunden-Parkplatz mitten in downtown und besichtigen von dort aus die Stadt. Karl findet sie ganz schön, für mich fällt das Ergebnis wirklich ernüchternd aus. Das Einkaufs- und Restaurantviertel „Gas town“, rund um die „Steam-Clock“, die Uhr, die alle Viertelstunde pfeift und Dampf ablässt, ist voll mit Touristen, geht man aber nur zwei Straßen weiter, wie etwa Richtung Chinatown, sind dort die Straßen dreckig und voll mit Junkies und Obdachlosen. Müll und Spritzen liegen herum, es stinkt ganz fürchterlich, das ganze ist wirklich ein Armutszeugnis für Vancouver. Am zweiten Tag fahren wir dann noch im Glasaufzug auf den 168 m hohen“Vancouver-Lookout“, einen Aussichtsturm, mitten im Zentrum. Von dort oben hat man natürlich einen wunderbaren 360 ° Rundumblick über die Stadt und das Leid der Obdachlosen bleibt tief unten verborgen. Mit dem anschließenden Besuch von „Granville Island“ beenden wir unseren Vancouver-Kurzbesuch. Die Halbinsel mit ihrer kleinen aber feinen Marina ist voll mit Geschäften, Kunstgalerien, Lokalen und einer wirklich wunderschönen, riesigen Markthalle, in der man von frischem Obst und Gemüse, über Fleisch, Wurst, Käse, etc. wirklich super einkaufen kann. Hier findet sich auch mal wieder ein deutschstämmiger Metzger, den uns Einheimische empfohlen haben und bei dem wir uns mit Würsten und Leberkäse eindecken. Im ebenfalls in der Markthalle gelegenen, deutschen „Kaisereck“ kehren wir dann aber lieber nicht ein- Was zu viel ist – ist zu viel! Dafür finden wir eine wunderbare Destillerie, die uns sofort an unseren Bad Ischler Freund Matthias, den besten aller Schnapsbrenner, erinnert und wo wir uns zum Abschluss des Tages durch diverse Gin- und Whiskysorten kosten. Ich bin dann aber trotzdem froh, als wir wieder zu unserer Kommune auf den Parkplatz zurückkehren und sage zu Karl: „Ist doch schön aus der großen Stadt wieder nach Hause zu kommen, oder,…?“

„Unimog Hans“ oder „Wir ziehen einfach nur den Hut!“

Dann kommt der 23. August, „Unimog-Hans“ hat uns für den Nachmittag „einbestellt“ um sich ein Bild von dem zu machen was wir wirklich von ihm brauchen. Diesmal ist das Tor offen und wir treffen die „Unimog-Legende“ zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht. Er hat mit seinen 71 Jahren ein unglaublich einnehmendes Wesen und den von uns geliebten, trockenen Humor der Norddeutschen, gepaart mit seinem unerschöpflichen Wissen in Sachen Mercedes und speziell Unimog. Von der Pieke auf gelernt hat er, im Anschluss an eine Landwirtschafts-Lehre, sein Handwerk im Unimog-Werk in Gaggenau bis hinauf zum KFZ-Meister und seither dreht sich sein Leben um diese Marke, bereits seit Jahrzehnten hier in Kanada. Ich bin sicher, es gibt nichts und zwar wirklich gar nichts, was dieser Mann zum Thema Unimog nicht weiß. Mitarbeiter hat er im Moment keine, aber jede Menge Unimogs sowie jegliches, auch nur im entferntesten denkbare Zubehör hier auf seinem Gelände und in seiner riesigen Halle stehen. Für die meisten Fahrzeuge hat er Aufträge für Umbauarbeiten. Daher, sagt er uns, mache er eigentlich keine so kurzfristig anfallenden Arbeiten wie bei uns mehr, aber ich glaube dieser Mann ist einfach viel zu nett um jemanden hängen zu lassen. Vor uns steht bereits eine junge, dreiköpfige Familie  aus Salzburg mit einem Mercedes 911, dem alten „Afrika-Hauber“ samt riesiger Kabine hier am Hof, sie sind, mit coronabedingter Unterbrechung, bereits seit fünf Jahren auf Weltreise, haben ganz Asien inkl. Russland durchfahren und sind jetzt eigentlich, wie wir, auf dem Weg nach Südamerika. Sie haben große Probleme mit ihrer Hinterachse, die beim Verschiffen aus Europa grob beschädigt worden ist, wobei sich, wie sie uns erzählen, die Verschiffungsagentur wie auch die Reederei, wie immer, ohne ein Verschulden zuzugeben, aus der Affäre gezogen haben. Eine passende Achse für dieses Fahrzeug zu bekommen ist ein riesiges Problem, die vorige, hören wir von ihnen, hätten sie aus dem Iran bekommen. Außerdem funktioniert ihre Kupplung nicht mehr wie sie soll. Hans bietet ihnen an, sich die Kupplung am nächsten Tag anzuschauen, für die Achse hat er kurzfristig, ohne Ersatzteil, aber auch keine Lösung. Sie wollen dann aber doch erst einmal überlegen, wie sie grundsätzlich weiter vorgehen werden und das bringt uns den Vorteil, dass wir gleich als Nächste dran sind. Zuletzt kommen wir dann noch drauf, dass sie Karl bereits kennen, weil sie sich vor acht Jahren, als sie ein Fahrzeug für ihre Weltreise gesucht haben, seine alte „Action Mobil“-Kabine in unserer Halle in Bad Hofgastein angeschaut haben, die ihnen dann aber für drei Personen zu klein war – So trifft man sich wieder! Hans hört sich dann unsere Probleme an, macht sich ein Bild und sagt uns seine Hilfe zu. Wir dürfen für die Dauer der Reparatur auf seinem Grundstück, gleich neben der Pferdekoppel seiner Tochter stehen bleiben und können damit weiterhin im Unimog wohnen. Als wir vorsichtig nachfragen, wie lange das ganze denn seiner Meinung nach dauern würde, meint er „Ach, weißt Du Karl, diese Hektik musst Du Dir mal abgewöhnen, hier geht alles wie es eben so geht“.  Das bemerken wir dann gleich am nächsten Tag, als erst einmal noch gar nichts los geht, weil Hans diesen erst mal darauf verwendet, seine Werkstatt wieder zu ordnen, schließlich war er ja fünf Wochen nicht da. Karl nützt die Zeit und räumt alle unsere Ersazteile aus dem Auto und wir erledigen endlich was wir uns schon lange vogenommen haben, nämlich wir schreiben eine Liste, was sich wo in welcher Kiste befindet. Am zweiten Tag geht’s dann aber wirklich los. Hans widmet sich in aller Ruhe und mit unvorstellbarer Akribie unserem Poblem mit dem tropfenden Öl an der Vorderachse. Der Grund dafür ist ein einziger kaputter Simmerring, aber um zu diesem vorzudringen, bedarf es einer wirklich aufwendigen Schrauberei. Karl, der wie immer unglaublich wissbegierig auf alle Details ist, fragt Hans nebenbei noch Löcher in den Bauch, der aber beantwortet geduldig alle seine Fragen. Nebenbei läutet ständig sein Telefon. Der eine braucht eine Auskunft, der andere steht in Alaska und braucht zwei neue Reifen, die Hans mit Karl’s Hilfe gleich mal verschickt, dann geht’s um große Geschäfte, wie um eine Generalimportgenehmigung für Unimogs für ganz Nordamerika, usw., usw.  So geht das den ganzen Tag, nebenbei geht dann in seinem Haus noch die Pumpe für die Wasserversorgung kaputt, auch darum kümmert er sich noch mit norddeutscher Gelassenheit. Dreieinhalb Tage erfährt unser Unimog eine Luxus-Servicebehandlung der besonderen Art. Hans schraubt, ölt, erneuert, kontrolliert, stellt ein und erklärt mit einer Leidenschaft und Genauigkeit, wie wir es noch nie vorher gesehen haben. Nebenbei versorgt er uns mit Anekdoten, gewürzt mit norddeutschem Humor, dass es eine Freude ist. Ich frage ihn z.B.: „Hans, Du hast doch sicher einen Tipp was wir machen, wenn der Unimog in den Anden auf 4.000 m nicht mehr anspringt?“ Darauf Hans: „Ja, dann musst Du Dir ’nen Ford kaufen,..“.  Aber er beruhigt mich dann auch gleich wieder:“Nee nee, mach Dir ma keine Sorgen, der springt schon an.“ So und ähnlich geht das die ganze Zeit. Wir verabschieden uns dann von Hans mit der Gewissheit, alles getan zu haben, dass unser Unimog die nächsten paar tausend Kilometer bestens gewartet in Angriff nehmen kann. Beim wirklich herzlichen Abschied sagt uns Hans dann, dass schon die nächsten „Overlander-Patienten“ auf dem Weg zu ihm seien – So viel zu: „Ich mach diese Reparaturen in Zukunft nicht mehr…“ .

Wir überqueren in einer problemlosen Zwei-Minuten-Aktion die hier ganz nahe gelegene Grenze zur USA. Es ist unser endgültiger Abschied von Kanada nach vier Monaten. Wir verlassen dieses landschaftlich wirklich großartige und so vielfältige Land mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Überwältigt waren wir von seiner Größe, die man sich nicht vorstellen kann, wenn man nicht selbst schon hier war. Stunden und Tage sind wir durch dichte Wälder gefahren, bis wir echt keine Bäume mehr sehen konnten. Tausende von kleinen Seen bezaubern ständig links und rechts der Straßen, egal wo man ist. Am meisten genossen haben wir die Weite und die Einsamkeit ganz im Norden, vor allem im Yukon und erinnern werden wir uns immer an das wunderschöne Vancouver Island mit seinen Traumstränden. Ein bisschen enttäuscht waren wir vor allem von den Nationalparks und auch mit dem Alltagsleben hier in Kanada könnten wir uns auf Dauer nicht anfreunden. Zu geregelt, fast langweilig ist hier alles, die Menschen, so freundlich sie auch überall sind, wirken oft wie geklont. Es fehlen uns kleine, individuelle „Gasthäuser“ , Caféhäuser und Bars, zur Auswahl stehen eigentlich nur Kettenlokale oder teure Restaurants. Ein Café ohne „Drive in“ würde hier unweigerlich nach zwei Wochen pleite gehen, kein Mensch trinkt hier seinen Café gemütlich im Sitzen, alle rennen mit den furchtbaren, riesigen Plastikbechern, voll mit den abenteuerlichsten Cafékreationen, durch die Straßen oder schlürfen das grausliche Zeug im Auto. Überall, außer in den teuren Restaurants, ist Selbstbedienung, egal ob für eine Pizza, für Burger oder für Eis oder an den Supermarktkassen, überall  stehen die Kanadier geduldig in endlosen Schlangen an, was uns zum Wahnsinn treiben würde. Die Bars sind ebenfalls alle gleich, meistens riesengroß, viele Tische um eine riesige Bar, mindestens acht Großbildfernseher die verschiedene Sportveranstaltungen in Dauerschleife zeigen, ein paar Billardtische, immer die gleiche Speisekarte mit Burger, Chickenwings und Pommes, die Aircondition läuft auf Hochtouren und um 22.00 Uhr – wenn man Glück hat, sonst früher – wird der Laden dicht gemacht. Autos und Motorräder sind lärmgedämpft und durch die Verkehrsregeln sowieso geschwindigkeitsgedrosselt, wozu man sich hier dann ein Motorrad oder eine Corvette oder einen Mustang kaufen sollte, das fragen wir uns wirklich. Was ich persönlich vermisst habe – Ja, es gibt tatsächlich etwas: Ich hätte sooo gerne einen feschen Mountie vor die Linse bekommen, aber leider habe ich in ganz Kanada keinen gesehen. Nein, wir können und wollen uns wirklich nicht beklagen, die vier Monate hier waren wunderschön und ereignisreich, länger bleiben möchten wir nicht – Müssen wir ja auch nicht, denn auf uns wartet die Westküste der USA, die Strände von Oregon und Kalifornien und natürlich demnächst: San Francisco!

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