Puerto Escondido oder „Urlaub mit Freunden“
Die vier Wochen, die wir hier in „La Punta“, dem lässig-relaxten Ortsteil und Surfer-Dörfchen von Puerto Escondido geplant haben, vergehen wie im Flug. Wir verbringen viel Zeit mit unseren
Freunden, ich gleiche dabei meine sozialen Defizite wieder aus, sitze aber auch gerne viele Stunden ganz alleine auf der offenen Palapa- Terrasse unseres Appartements, wo ich die Wahl habe, den Bauarbeitern unter mir bei den Arbeiten am Swimmingpool der
kanadischen Besitzer des Hauses zuzusehen, oder über endlose Palmen hin bis zum Meer zu schauen. Der Lärm der Bauarbeiten hält sich meistens in Grenzen und wir bekommen mit jedem Baufortschritt neue Einblicke in die Arbeitswelt der Mexicaner. Lustig geht’s zu auf der Baustelle, immer läuft laute Musik, die Eisengitter zum Betonieren der Poolwände werden hier noch selbst vorort gebogen, vieles wird von Hand geschaufelt und
der Technikraum, der Poolboden und die Zisterne werden mit der Mischmaschine betoniert, eine echte Schwerstarbeit, zu viert
schleppen die jungen Männer in atemberaubenden Tempo abwechselnd Zement, feinen und groben Sand und Wasser in Kübeln auf den Schultern bei oft sengenden 40 Grad zur Mischmaschine und den Beton dann oft wieder in Kübeln zur gewünschten Stelle. Nur für die Poolwände kommt dann ein Mischwagen, es wird noch schnell aus herumliegenden Blechstücken eine provisorische Rutsche für den Beton gebaut und los geht’s. Die Konstruktion ist dann an den Ecken etwas undicht und jede Menge Beton geht daneben, macht aber nichts, am Schluss ist es eben ein bisschen zu wenig und dort wo der Beton auf der Straße gelandet ist, wird schnell von Hand noch etwas dazugemischt, die noch leeren Räume an den Poolwänden damit aufgefüllt und schon passt’s wieder. Alles mit Ruhe, nebenbei wird lautstark zu mexikanischen Herz-Schmerz-Schnulzen aus dem Handy gesungen, es wird viel gelacht und Schmäh geführt, immer herrscht hier eine gute
Stimmung auf der Baustelle. Ich genieße endlich richtig schnelles „Star link“-Internet und kann – spät aber doch – den ersten Mexico-Teil meines Blogs fertigstellen.
Karl findet einen Mechaniker, der uns die mitgebrachte Tachowelle einbaut und geht, wie letztes Jahr, zum Trainieren ins Fitness-Studio. Sich seit langem wieder einmal um nichts kümmern müssen, keinen Stellplatz vor Sonnenuntergang finden, keine „Aqua Purificadora“ in irgendwelchen Seitengassen suchen um Trinkwasser zu tanken, auf die Toilettenspülung drücken ohne zu überlegen, ob vielleicht der Tank schon wieder voll wird – Das ist echter Urlaub vom Reisen! Am Tag liegen wir faul am wunderschönen, endlosen Sandstrand, am Abend genießen wir die Vielfalt der Bars und Restaurants, wo man unter anderem die besten Burritos von ganz Mexico bekommt (eine Art Palatschinke, gefüllt mit Fleisch oder Fisch und viel Käse). Wir staunen, dass sich
die Anzahl der Gastronomiebetriebe gegenüber dem letzten Jahr mindestens verdoppelt hat, ebenso die Souvenir- und T-Shirtstände, etc.
Die wachsende Bekanntheit und Beliebtheit von Puerto Escondido bzw. speziell des ehemaligen Fischerdörfchens La Punta ist unserer Meinung nach aber viel mehr Fluch als Segen. Auch wenn es nach wie vor Gott sei Dank keine riesigen Hotelblöcke hier gibt, wird überall gebaut und neue Appartementhäuser, Hostels, Bungalows und Lokale schießen wie Schwammerl aus der Erde. Jedes noch so kleine Grundstück wird zubetoniert und speziell die Amerikaner, für die die Preise hier lächerlich niedrig sind, verderben mit ihrer Großspurigkeit die Menschen und damit das bisher so spezielle Lebensgefühl hier. Wir sind froh, den Ort jetzt noch so erleben zu können, denn der Reiz des coolen, versteckten Surferdörfchens wird leider nicht
mehr sehr lange anhalten. Wir mieten uns wieder einen Roller und besuchen unsere Lieblingsplätze in der Umgebung, essen Fischsuppe und Garnelen am „Mercado Viejo“,
dem alten Markt, wo die Portionen riesig und die Preise winzig sind, fahren mit unseren Freunden, wie schon letztes Jahr, zu versteckten, kleinen „Comedores“, einfachen Restaurants am nahen Fluss, wo es an der Mündung ins Meer sogar Krokodile gibt, nur einen Kilometer oberhalb der Mündung aber die Kinder vergnügt im Fluss planschen, was uns immer wieder verwundert. Auf unsere Nachfrage hin, ob das nicht gefährlich sei, wegen der Krokodile, sagt man uns: „Nein, die sind ja eh nur weiter unten, da könnt ihr ruhig reinspringen,“ „Aah ja… – Na, vielleicht dann nächstes Mal,..!“
Wir fahren natürlich auch wieder raus zum Hochseefischen mit dem jungen Mexicaner Ada, dem besten und liebsten aller Fischer, der sich immer selbst am meisten freut wenn wir
etwas fangen. Er ist ein Meister seines Fachs, deutet jede kleinste Veränderung auf dem Meer, zeigt uns „Tortugas“, große Meeresschildkröten, sieht von weitem Vogelschwärme die gleichzeitig auf Fischschwärme hindeuten, fährt mit uns mitten
durch riesige Delfinschwärme, die unser Boot oft lange begleiten und bei ihren Sprüngen so nahe herankommen, dass man glaubt,
man könne sie anfassen. Im letzten Jahr war uns das Glück schon hold, als wir an einem Tag zwei große Doraden und einen „Black Marlin“ gefangen haben und auch heuer beißen ein großer „Black striped Marlin“
und eine Dorade
und die Freude darüber ist natürlich riesig. Der Fang wird nach unserer Rückkehr am Strand von Einheimischen und Gästen zuerst bestaunt und bejubelt, dann fachgerecht zerteilt, wir nehmen uns aber nur ein paar Gustostückerl für uns mit, die uns Karl dann am Abend gleich meisterhaft zubereitet, den Rest schenken wir den Fischern.
Einen weiteren Ausflug unternehmen wir mit einem Mietauto, wir fahren mit Gabi und Andi nach Acapulco, das zwar eigentlich nur ca. 390 km von Puerto Escondido entfernt liegt, wohin man aber durch die uns bereits bestens bekannten Straßenverhältnisse auf der schmalen,
kurvigen Landstraße, die mangels Alternative auch von großen LKWs benützt wird, um die acht Stunden braucht. Durch Karl’s schnittige Fahrweise schaffen wir’s in siebeneinhalb, aber mehr ist nicht drinnen. Wir buchen Zimmer für zwei Nächte im ehrwürdigen Hotel „Mirador“, das direkt auf den Klippen steht, von denen sich seit 1934 die „Clavadistas“, die jungen Felsenspringer, täglich mehrmals 29 Meter tief ins Meer stürzen, wobei sie auch noch die Strömung beachten und den richtigen Moment abwarten müssen. Das Hotel, wo auch Teile des „Acapulco“-Films mit Elvis Presley gedreht wurden, ist leider bereits mehr als in die Jahre gekommen und wahrscheinlich hat auch Corona noch einen großen Teil zu seinem
heutigen, schlechten Zustand beigetragen, aber ich sehe hier nicht so sehr die heruntergekommene Fassade und die teils muffige Zimmereinrichtung. Ich sehe vor allem die sensationelle
Lage dieses Hotels, für mich eine der schönsten auf der ganzen Welt (bzw. dort wo ich eben schon war…). Man steht auf dem Balkon oder schaut von der offenen Hotelhalle oder von einer der vielen Terrassen über die Steilküste aufs Meer und man kann nicht aufhören, über diese Aussicht zu staunen. „Puerta del cielo“ – Tor zum Himmel – das ist das Motto des Hotels und dem ist einfach nichts hinzuzufügen! Über 500 Stufen führen von ganz unten, vom in die Felsen gehauenen Pool, der sich mit jeder herantosenden Welle mit
frischem Meerwasser füllt, durch blumengeschmückte Gärten, für die allein man schon eine Armada von Mitarbeitern zur Pflege benötigt, vorbei an einer endlosen Zahl von Zimmern und Villen, von denen viele leider derzeit in ganz schlechtem Zustand und gar nicht bewohnbar sind, bis ganz hinauf zum obersten der drei Pools, von dem man einen unglaublichen
Blick über die gesamte Bucht von Acapulco genießt. Die in ihrer Art einzigartige, kleine Kirche des Hotels, mit der riesigen Glasfront hinaus aufs Meer, ist bzw. war, wie überhaupt das ganze Hotel, eine der beliebtesten Hochzeitslocations in ganz Mexico. In der Bar hängen hunderte Fotos der illustren Gästeschar aus den 50er und 60er Jahren, als Acapulco DER Hotspot der Society war.
Gunter Sachs und Brigitte Bardot, Frank Sinatra, Johnny Weißmüller, Liz Taylor,… alle waren sie damals da und man meint
fast, dass der Duft der wilden Partys noch ab und zu ein bisschen durch die alten Gemäuer zieht,… . Bereits beim Frühstück genießt man den genialen Blick hinunter auf die kleine Bucht und kann den „Clavadistas“ beim Training zuschauen, am Abend bietet das Restaurant
„La Perla“ nach wie vor eine sehr gute Küche, die man auf der wunderschönen Terrasse genießt, von der aus
man den Springern dann, während des Essens, bei ihren Shows zusehen kann. Besonders der Schlusspunkt der letzten Show des Tages ist jedesmal spektakulär. Die Scheinwerfer die die Felsen beleuchten, werden ausgeschaltet und der letzte
Springer stürzt sich mit einer Fackel in die komplette
Dunkelheit unter ihm. Wir haben das Ganze bereits im letzten Jahr genossen, sind aber heuer wieder genau gleich begeistert und fasziniert von dem Mut und dem Können dieser jungen
Männer. Im Anschluss an die Show freuen sie sich über ein paar Pesos als Trinkgeld und sind gerne auch zu einem Erinnerungsfoto bereit. In der Bar des Hotels hängen, gleich neben den Fotos der Prominenten, auch die Namen der „Clavadistas“ seit vielen Generationen und es ist wohl auch heute noch am ehesten die Ehre, sich in diese Riege einordnen zu dürfen, die die Jungs zu diesen Leistungen treibt, denn gut bezahlt ist dieser Job ganz sicher nicht.
„Aufbruch oder Abbruch?“ – So schnell könnt’s gehen…
So vergehen ganz schnell drei Wochen und Gabi und Andi müssen schon wieder abreisen. Inzwischen sind aber noch mehr Ischler, Hallstätter, Obertrauner, etc. eingetroffen und wir genießen noch unsere letzte Woche mit Spaß und Freunden.
Dann, einige Tage vor unserer geplanten Abreise erreicht uns eine Nachricht von Marco, Karl’s Sohn. Er rückt mit der Sprache heraus, dass er seine Evelyn am 4. Dezember in Kapstadt, Südafrika, einem ihrer Lieblingsplätze, heiraten wird. Ich merke schon beim Telefonat, dass Karl traurig ist, nicht an der Hochzeit seines einzigen Sohnes teilnehmen zu können und weiß, dass mich an seiner Stelle nichts, aber auch gar nichts, davon abhalten könnte, dabei zu sein. Ich würde für die Hochzeit meines Sohnes jederzeit auch mehrmals um die ganze Welt fliegen, wenn es sein müsste,..! Jedenfalls checke ich schon, noch bevor Karl überhaupt sein Telefonat beendet hat, umgehend sämtliche Flugoptionen von Mexico City nach Südafrika und finde ziemlich schnell sogar eine Verbindung mit nur einem Zwischenstopp in Washington, die uns in ca. 25 Flugstunden nach Kapstadt bringen könnte. Wir schmieden mit Hilfe von Karl’s Cousinen und einem guten Freund seines Sohnes einen Plan, um das Brautpaar dort zu überraschen. Im letzten Moment denke ich noch daran, dass wir für die USA ja ein ESTA-Visum brauchen, auch wenn wir nur zum Transit dort landen und schließe dieses noch schnell übers Internet für uns ab, da unsere USA-Visas für dieses Jahr bereits ausgelaufen sind. Alles ist so weit geregelt, ich bekomme einen Tag vor Abflug die Bestätigung für die Visas, checke in der Früh gerade noch die Flugzeiten für den Flug von Puerto Escondido nach Mexico City und will soeben die restlichen Flüge fix buchen, da kommt Karl aus dem Schlafzimmer und sagt mir, irgendwas habe ihn in der Nacht erwischt, ein Virus vielleicht, er hat hohes Fieber, extreme Kopf- und Gliederschmerzen. Er quält sich trotzdem noch zu einer Werkstatt, bei der er mit dem Unimog einen Termin hat, weil dessen System wieder einmal Luft verliert, kommt
dann aber in einer Verfassung von dort zurück, dass mir sofort klar ist: Südafrika können wir vergessen! Zudem müssen wir, trotz seines schlechten Zustandes, auch noch unser Quartier wechseln, weil die gebuchten vier Wochen inzwischen vorbei sind und wir leider nicht länger im gleichen Appartement bleiben können. Wir finden zum Glück gleich in der Nähe einen kleinen Bungalow mit zwei sehr anhänglichen Hunden, die uns gleich in Beschlag nehmen und einer noch netteren Vermieterfamilie, die uns für den Fall des Falles gleich mit Adressen von Ärzten und dem privaten Krankenhaus von Puerto Escondido versorgt und
auch noch für uns ein mobiles Reifenservice anruft, denn beim Umzug bemerken wir, dass wir als Draufgabe auch noch fast keine Luft mehr im rechten Vorderreifen haben und Karl kann sich darum in seinem Zustand unmöglich selbst kümmern. Der junge Mann vom Reifenservice ist dann echt schwer auf Zack, er hat auf seinem Pickup alles notwendige
dabei und es bestätigt sich Karl’s Verdacht, dass es an einem defekten Ventil liegt. Dieses wird ausgetauscht und wenigstens das geht in kürzester Zeit über die Bühne. Karl kommt im neuen Quartier während der nächsten Tage so gut wie gar nicht mehr aus dem Bett, alle normalen Mittel gegen Erkältung, etc. helfen immer nur ganz kurz, das Fieber geht einfach nicht weg und irgendwann am Abend, als das Fieber wieder einmal steigt, greife ich zu dem Antibiotikum aus unserer Reiseapotheke. Sämtliche Mediziner werden jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, ich weiß aber nur eines, das Fieber muss dringend
runter. Schon nach ein paar Stunden sehe ich, dass er ruhig und tief schläft und am nächsten Tag ist das Fieber zum ersten Mal völlig verschwunden. Er nimmt das Antibiotikum aber natürlich noch weiter und nach wie vor ist er so schlapp, dass er gerade einmal kurz aufstehen kann, um mit mir zusammen für das Brautpaar einen Videogruß aufzunehmen,
über den die beiden sich dann auch sehr freuen. Es dauert dann aber noch eine weitere, ganze Woche, während der ich ihn unter anderem mit Hühnersuppe und grünen Smoothies verpflege, bis wirklich klar ist, dass wir unsere Reise fortsetzen können. Ich mache mir immer noch große Sorgen, weil er hat echt viel Gewicht verloren und ist noch ständig sehr müde. Daher geht er dann am Ende doch noch zum Arzt und lässt auch seine Blutwerte noch checken, die aber nichts ergeben, was er nicht schon von zu Hause weiß. Wir brechen also auf und verlassen Puerto Escondido, nehmen uns aber vor, ganz viele Pausen zu machen und das Ganze wirklich langsam und gemütlich anzugehen.
Unser erster Stopp ist dann auch nach nur ca. 60 km Zipolite. Als „Hippie-Strand“ mit wilden Partys in den 70ern bekannt geworden, die Einheimischen haben ihn damals
auch „Playa de los Locos“ – den „Strand der Verrückten“ – genannt, geht hier das Leben inzwischen sehr gemütlich vor sich. Die Nackerten mischen sich zwar nach wie vor mit den „Eingrauchten“ und einige Typen schauen schon so aus, als
wären sie tatsächlich seit den 70ern hier hängen geblieben, Für uns ist das kein Problem, wir finden es super, wenn jeder sein Leben so lebt wie er meint. Und nach dem immer größer werdenden Trubel in La Punta genießen wir hier ein paar
Tage echte Ruhe. Wir parken direkt neben dem Strand hinter einem Hotel in dem wir letztes Jahr einmal übernachtet haben, liegen am Tag faul im Schatten und essen am Abend in den kleinen, gemütlichen Lokalen direkt am Strand, mit Kerzenlicht auf dem Tisch und den Füßen im Sand. Alles ganz ohne Stress und Hektik, es ist einfach wunderbar. Ich freue mich, dass bei Karl langsam der Hunger zurückkehrt und dass es ihm jeden Tag ein ganz kleines Stück besser zu gehen scheint.
Zurück im Hochland oder „Die Geister der Indios“
Nach ein paar Tagen in Zipolite und einem weiteren Zwischenstopp am wundervollen, einsamen und völlig touristenfreien „Playa Chipechua“, wo wir uns direkt bei den
Fischern wieder einmal
frischesten Fisch und Riesengarnelen schmecken lassen, machen wir uns auf zu unserem nächsten, entfernteren Ziel. Nämlich in die Kolonialstadt „San Cristobal de las Casas“, die wieder im mexikanischen Hochland, auf ca. 2.100 m liegt. Auf dem Weg dorthin begegnen uns immer wieder traurige Kolonnen von Flüchtlingen, wohl aus Honduras, San Salvador usw. kommend, die zu Fuß entlang der
Hauptstraße Richtung Norden unterwegs sind, vorangetrieben von der Hoffnung auf ein besseres Leben im „gelobten Land“ USA, was
sich für die meisten wohl nicht erfüllen wird. San Cristobal liegt im mexikanischen Bundesstaat „Chiapas“, wo ein großer Teil der Bevölkerung aus Nachfahren der Mayas besteht. Die Situation dieser Menschen ist leider auch heute noch sehr schlecht, sie werden von vielen Mexikanern als eine Art Volk der zweiten Klasse gesehen und auch so behandelt. Rund um San Cristobal gibt es noch viele, winzige Indiodörfer, wo die Einwohner ein sehr hartes und karges Leben führen. Das meiste Land gehört reichen „Mestizos“, die Indios haben meist kein eigenes Land, dürfen für sich höchstens etwas Gemüse und Mais anbauen und ein paar Hühner, seltener ein Schwein oder Rind halten und versuchen durch den Verkauf dieser wenigen Produkte entlang den Straßen oder auf Wochenmärkten ihr karges Leben zu bestreiten. Frühmorgens sieht man winzige Indiofrauen, mit einem Baby in einem Tragetuch auf dem Rücken und drei anderen Kleinen im Schlepptau, wie sie mit einem Packen voller Zwiebeln oder ein paar Kartoffeln oder Früchten zu Fuß zum Markt ins Zentrum von San Cristobal unterwegs sind. Dort sitzen sie dann, oft den ganzen Tag lang, auf dem kalten Boden
und warten auf Käufer. Die Kinder daneben, manchmal
spielend, oft aber bettelnd oder auch schon kleine Souvenirs verkaufend, mit traurigen Augen und durch oft mangelnde Schulbildung ohne Perspektive, jemals diesem Leben zu entfliehen. Trotzdem liegt eine Art trotziger
Stolz im Blick dieser Menschen, sie wehren sich gegen aufdringliche Touristen, die sie oder ihre Kinder, ohne zu fragen, als öffentliche Foto-Objekte betrachten, mit striktem „No!“ und zwischendurch auch schon mal mit gezielten Würfen von überreifen Tomaten oder Obst auf die überraschten, respektlosen Fotografen. San Cristobal ist eine wunderschöne Stadt. Sie bezaubert uns, wie auch schon die anderen Kolonialstädte, die wir im Hochland schon besucht haben und die jede auf ihre ganz eigene Art faszinierend war.
Hier dominiert natürlich auch wieder die jetzt schon weihnachtlich geschmückte Innenstadt mit dem Zócalo, dem üblichen, kleinen Park auf dem Hauptplatz vor der großen Kathedrale. Von dort führen mehrere, lange Fußgängerzonen weg, in denen man alles findet, was das Herz begehrt. In keiner anderen Stadt in Mexico haben wir bisher ein so riesiges Angebot an wirklich topmodernen Boutiquen, Schuhläden, Restaurants
und Bars gesehen wie in San Cristobal de las Casas. Ganz besonders schön und traditionell ist jedoch der riesige „Mercado Viejo“, der alte Markt, an dem insbesonders die Indios täglich ihre Produkte aller Art verkaufen und wo man in den winzigen,
verwinkelten Gassen, ähnlich den afrikanischen Souks, traditionelle Gerichte zu Spottpreisen serviert bekommt und dabei unverfälschte, mexikanische Atmosphäre erlebt. Wir lieben es, hier wunderbare einheimiche Gerichte zu essen, gleich nebenan werden lebende Truthähne und Hühner genauso verkauft,
wie Handyzubehör, alle Arten von Kleidung, Obst, Gemüse, duftende Gewürze,
Fleisch, Fisch etc. Es gibt noch den Schneider und daneben den Schuster, Karl lässt sich für umgerechnet zwei Euros die Haare schneiden und ich genehmige mir eine Pedicure und neue Nägel in einem winzigen Geschäft, das gleichzeitig auch noch Brillen
anbietet. Wir genießen San Cristobal drei Tage lang und treffen dabei auch wieder auf zwei Bad Ischler, die wir erst in Puerto Escondido
kennengelernt haben, Hermann und Gerhard verbringen ca. drei Monate in Mexico. Zum ersten Mal seit langem müssen wir hier am Abend wieder lange Hosen und Jacken anziehen, weil die Temperatur in der Nacht bis auf 10 Grad fällt, was wir überhaupt nicht mehr gewohnt sind, dafür ist die Luft klar und wir genießen das besonders nach den Wochen in der dauerschwülen Hitze der Küste.
Bevor wir dann wieder weiterfahren, besuchen wir aber noch zwei Indiodörfer ganz in der Nähe. Wir haben damit extra bis zum Sonntag gewartet, weil dann in beiden Dörfern Markt ist und die Indios an diesem Tag aus den umliegenden Gegenden hier zur Kirche und zum Markt kommen und dabei ihre schönsten
Trachten tragen. Wir beginnen mit „Zinacantán“, wo der Markt praktischerweise gleich an die Kirche anschließt. Das highlight findet aber, zu unserer Freude, zufällig gerade als wir dort ankommen, in der Kirche statt. Mehrere Hochzeiten
und in einer Nebenkapelle einige Taufen werden genau zu der Zeit durchgeführt und wir können uns gar nicht sattsehen an den in leuchtenden Farben gekleideten Menschen in
ihreren unterschiedlichen Feiertagstrachten. Noch nie haben wir außerdem eine Kirche gesehen, die mit so unendlich vielen, bunten Blumen so prächtig geschmückt war. Eigentlich herrscht
hier strenges Fotografierverbot in und vor der Kirche, aber ein paar versteckte Fotos gelingen uns dann trotzdem. Auch wenn ich nach dem strengen Blick mit dem mich insbesonders die beiden älteren Damen dabei bedenken, vorsichtshalber dann relativ schnell die Flucht ergreife,… .
Das zweite Dorf ist „San Juan Chamula“, wobei das christliche „San Juan“ erst von den Spaniern hinzugefügt wurde. Es ist das religiöse Zentrum für die im Umland lebenden Indios, die „Tzotziles“. Wir parken am Ortseingang und begeben uns zuerst einmal in das Gewirr des Sonntagmarkts, auf dem, wie in San Cristobal, die Indiofrauen ihre Produkte anbieten und wo die Trachten wieder ganz anders aussehen wie im nahen Zinacatán. Die meisten Frauen tragen schwarze, langhaarige Schaffelle als Röcke, die zu Rechtecken zusammengenäht sind und die sie nur mit einem breiten Gürtel zusammenhalten. Vor der Kirche sieht man nebeneinander drei blumengeschmückte Maya-Kreuze, deren dem christlichen Kreuz ähnliche Form es ehemals den spanischen Eroberern erleichtert hat, die Indios vom Katholizismus zu überzeugen. Dann betreten wir die Kirche von Chamula und sobald man durch diese Türe geht, meint man, in eine andere Welt oder Zeit gefallen zu sein. Noch nie haben wir so etwas gesehen. Die Kirche unterscheidet sich zur Gänze von den üblichen Kirchen der spanischen Kolonialstädte, sie hat keine Bänke, es gibt keine Kanzel, keine Beichtstühle,
keine Orgel. Der gesamte Steinboden ist dick mit duftenden Piniennadeln bedeckt. Links und rechts an der Wand sind aufgereiht, in großen Glasschränken, die katholischen Heiligen fast in Lebensgröße zu sehen, auf einer Seite die weiblichen, auf der anderen die männlichen, einige mit Spiegel vor der Brust, die das Böse abwehren sollen. Ganz vorne auf dem über und über mit Blumen geschmückten Altar steht der wichtigste, Johannes, „San Juan“, der Ortsheilige, daneben Christus in einem erhöhten Glasschrank. Das überwältigendste aber ist die Atmosphäre, die von tausenden, flackernden Kerzen erzeugt wird, zusammen mit wabbernden Weihrauchschwaden und dem Murmeln der betenden Indios, die überall auf dem Steinboden sitzen oder knien, um oder vor sich einen Kreis aus Kerzen und daneben oft ihre Schamanen, die sich mit „Posh“, einem selbst gebrannten, hochprozentigen Schnaps, in Trance begeben und dabei Gebete und Beschwörungen an ihre alten Erd- und tierischen Schutzgeister murmeln. Vor den Augen und trotz der ausländischen Besucher werden hier problemlos die alten Maya-Bräuche mit den katholischen Riten vermischt, so dass es jederzeit vorkommen kann, dass direkt neben einer der Heiligenstatuen ein lebendes Huhn erst über den Kerzen geschwenkt und diesem dann der Kragen umgedreht wird. Nicht nur das verständliche, strikte und scharf überwachte Fotografierverbot hält uns an dieser so speziellen Stätte von Fotos ab, vor allem ist es die überwältigende, mystische Atmosphäre, der man sich hier einfach nicht entziehen kann!
Wieder draußen aus dem Dunkel der Kirche holt man erst einmal tief Luft und landet gleichzeitig mitten im Gewühl des Marktes. Wir finden dann zufällig einen Metzger, der einen Fernseher oberhalb seines zur Straße hin offenen Verkaufspults montiert hat und wo wir gerade richtig zum Ende der zweiten Halbzeit des Endspiels der Fußball WM Argentinien gegen Frankreich kommen. Da wir keine besonderen Freunde der „Grand Nacion“ bzw. ihrer meistens arroganten Bevölkerung sind, schreien wir natürlich lautstark für Argentinien, was die hier vor dem Fernsehr versammelten Mexicaner leicht irritiert, die alle eigenartigerweise für Frankreich sind. Warum das so ist, finden wir leider nicht heraus, vielleicht haben die Argentinier ja Mexico aus dem Bewerb gekickt, ist ja auch egal, obwohl uns Fussball eigentlich normalerweise gar nicht interessiert, freuen wir uns, dass Argentinien als Sieger hervorgeht, letztendlich sage ich aber immer: „Es ist mir eigentlich wurscht wer gewinnt, so lange es nicht die Deutschen sind, weil die dann halt mal wieder eine Zeit lang gar nicht mehr auszuhalten wären“ (Sorry, liebe Freunde aus Bayern und Hamburg, ihr wisst schon wie ich das meine,…).
Weihnachten im Dschungel oder „Oh Palmenbaum,….“
Nach diesem eindrucksvollen Besuch in den Indiodörfern verabschieden wir uns nun endgültig vom wunderbaren Hochland von Mexico, das uns in den letzten Monaten so viele, einzigartige Erlebnisse beschert hat. Wir machen uns auf den Weg in den Dschungel, ins mexicanische Tiefland, zu den auf nur 200 m Höhe liegenden Ruinen der alten Mayastätte von „Palenque“. Zur Überwindung der Differenz von ca. 2.000 Höhenmetern nehmen wir wieder einmal eine alte Landstraße, die in endlosen Kurven, durch kleine Indiodörfer und über hunderte „Tope“
diesmal stetig nach unten führt. Ja, die „Tope“, die habe ich ja noch gar nicht erwähnt: Diese furchtbar lästigen und in Mexico leider weit verbreiteten Betonschwellen, die quer über die Straße gebaut sind, bestenfalls kurz vorher durch ein Schild angezeigt werden, oft aber einfach nur ganz plötzlich, ohne Vorwarnung und unmarkiert auftauchen und die, wenn man sie in flotter Fahrt übersieht, richtig böse Auswirkungen haben können, sind, neben völlig unbeleuchteten Motorrädern, Fußgängern und Menschen auf Pferden oder Eseln, der Hauptgrund, dass man in diesem Land einfach nicht in der Nacht fährt! Die Tope sind also ein richtig lästiges Übel in ganz Mexico, aber in so einer riesigen Anzahl wie auf dieser Straße
zwischen San Cristobal de las Casas und Palenque – das haben wir echt noch nie erlebt. Es ist ein ständiges Schalten, ein dauerndes Bremsen und es nervt wirklich gewaltig. Aber auch sonst sind Mexicos Straßen bzw. deren Verkehrsteilnehmer immer wieder für eine Überraschung gut: Überholt wird immer, auch in Kurven und es kann schon mal vorkommen, dass man ganz plötzlich zwei
entgegenkommende LKWs vor sich auf der eigenen Spur hat, die halt dann bestenfalls noch schnell einer nach rechts und einer nach links ausweichen. Neben der Straße in den kleinen Dörfern gibt es immer
wieder kleine Verkaufsstände, wo die Indios neben ihren kargen, landwirtschaftlichen Podukten, Benzin und Diesel in Flaschen und kleinen Kanistern verkaufen. Unsere Tanks sind gefüllt, aber wir sehen sogar Busfahrer, die mal schnell mitten auf der engen Straße vor einem solchen Stand halten und ihren Bus mit ein paar Flaschen Diesel nachtanken. Dass auf dieser Straße auf der wir zwei Tage lang gemütlich und völlig ohne Probleme unterwegs sind und entlang der wir auch freistehend übernachten, anscheinend immer wieder „Überfälle“ gegen Touristen stattfinden, indem von einer Anzahl Männer die Straße gesperrt und „Wegzoll“ verlangt wird, wird uns mal wieder erst hinterher von einem Deutschen zugetragen, der ganz entsetzt ist, als wir ihm erzählen, dass wir über diese Strecke nach Palenque gekommen sind. „Ja, habt ihr das denn nicht vorher gelesen, das steht doch in allen Online-Reiseforen,,…“?, meint er, „Nein, haben wir nicht, weil wir diese Foren gar nicht besuchen“, …. – Er kann es gar nicht glauben, aber wir werden es auch weiterhin so halten und uns sicher nicht davon verrückt machen lassen.
Unseren nächsten Stopp legen wir bei den „Cascadas Aqua Azul“ ein, den angeblich „schönsten Wasserfällen von Mexico“
. Leider hat es in der vorigen Nacht hier heftig geregnet und das normalerweise durch eine große Menge gelöstem Kalk in blau-, grün- und türkis schimmernde Wasser
erleben wir leider nur in schmutzigem Braun, was dem wirklich schönen Anblick aber fast keinen Abbruch tut. Noch besser, weil mit viel weniger Touristen bevölkert, gefällt uns aber dann unser nächster Halt, der Wasserfall „Misol Ha“, in dessen Becken man auch wunderbar schwimmen kann, was ich natürlich sofort ausprobieren muss und wo wir dann auch übernachten.
Weihnachten steht vor der Tür, es sind nur mehr vier Tage bis zum Heiligen Abend und es stellt sich für uns die Frage, wo und wie wir das Weihnachtsfest verbringen möchten. Karl ist sowieso nicht in Weihnachtsstimmung, ihm fehlen in diesem Fall (aber auch nur in diesem Fall) der Schnee, die Adventstimmung und die Bratwürstel mit Sauerkraut. Mir ist das herzlich egal, schon lange freue ich mich auf nichts mehr als auf das erste Weihnachten und Silvester ohne Gastgewerbe! So heiß auch das Herz einer Wirtin in mir schlägt, die vielen Jahre die ich die Feiertage dem Beruf geopfert habe, die vielen Weihnchtsfeste und Silvesterabende an denen wir Gäste im Haus hatten und an denen für uns privat und für allem für meinen Sohn, der damals noch klein war, nur ein paar gestohlene Momente blieben – Nein, das würde ich so nie mehr wiederholen. Aber die Zeiten waren halt so, der Betrieb hatte Vorrang und umso mehr freue ich mich jetzt auf die Feiertage an denen ich zum ersten Mal seit 35 Jahren „nichts muss“. Mir ist es völlig egal, ob das bei 30 Grad und unter Palmen stattfindet, hauptsache privat. Nach einigen Überlegungen beschließen wir, hier im Dschungel von Palenque, nur ein paar Kilometer entfernt von den berühmten Maya-Ruinen, nach einem geeigneten Platz zu suchen. Wir treffen hier wieder auf Hermann und Gerhard, die beiden Ischler, die schon ein paar Tage vor uns hier angekommen sind und bekommen von den beiden
den entscheidenden Tipp: Ein „Eco-Hotel“, so steht es auf der Tafel an der Straße, entpuppt sich als riesiger Bauernhof mit über 200 Rindern, Pferden, ein paar Bungalows, zwei Pools, einem Platz auf dem bereits ein
paar Wohnmobile stehen und einem großen, offenen Restaurant, alles festlich (also mexikanisch kitschig, hauptsache alles blinkt in bunten Farben!) geschmückt. Die Besitzerin ist Teresa, eine unglaublich liebenswerte,
mexikanische Dame, die uns gleich die Eier ihrer glücklichen Hühner präsentiert und uns vom ersten Augenblick an herzlich in ihren Familienverband aufnimmt. Die ganze, etwas in die Jahre gekommene Anlage (bei den sehr rustikalen Duschen ohne Türen müssen sogar wir, die wir inzwischen einiges gewohnt sind, zweimal schlucken,…) liegt mitten im Dschungel, über uns turnen die Brüllaffen, die uns mit ihrem raubtierartigen
Geschrei morgens wecken, Leguane sonnen sich in den Bäumen und Teresa’s Hühner, Enten, Truthähne, etc. sind ständig rund um uns herum unterwegs. Wir
sind von Anfang an begeistert, genau hier wollen wir Weihnachten verbringen. Gerhard und Hermann haben beschlossen, für
vier Tage mit dem Bus über die nahe Grenze nach Flores in Guatemala zu fahren und sie lassen uns ihren Mietwagen zur freien Verfügung hier. So richten wir uns mit dem Unimog häuslich ein, ziehen unsere Markise aus und genießen die Tage. Am 23. Dezember packen wir die von zu Hause mitgenommene Weihnachtskiste aus und schmücken unseren kleinen Christbaum, auf dem natürlich auch der in „North Pole“ in Alaska gekaufte Weihnachtsschmuck seinen Platz findet. Schon ein komisches Gefühl, wie lange das wundervolle Abenteuer
Alaska jetzt schon hinter uns liegt,… und jeden Tag trotzdem ein neues Abenteuer auf uns wartet. Manchmal ist es selbst für uns fast nicht zu glauben, mit welcher Wucht die Eindrücke auf uns niederprasseln, so dass man kaum zum Luft holen kommt und immer wieder dankbar ist, das alles erleben zu dürfen. Was dann aber leider in der Nacht auf den 24. Dezember auf uns niederprasselt ist ein unverhoffter Regenguss, der kurz aber so stark ist, dass sich, durch das Gewicht des Wassers auf dem Dach unserer Markise, eine der Alu-Haltestangen komplett verbiegt und diese mit einem Riesenkracher zusammenfällt. Wir springen aus dem Bett und stürzen nach draußen mitten in den Regen, aber es ist schon zu spät. Selber schuld, kann man nix machen. Gott sei Dank hatten wir den Christbaum über Nacht im Führerhaus platziert, sodass dem wenigstens nichts passiert ist.
Die Weihnachtsfeier muss dann aber sowieso nach innen verlegt werden, denn es schüttet am 24. und 25. Dezember wie aus Kübeln. Seit Monaten haben wir keinen solchen Regen mehr erlebt. Teresa hat über die Weihnachtsfeiertage Besuch von ihrer Verwandtschaft, wie in Mexico üblich. Am 23.12. wird der zweite Geburtstag eines ihrer Enkel gefeiert, aber wie! Schon am
Vormittag wird das Restaurant zusätzlich zur Weihnachtsdeko komplett in blau dekoriert. Dann kommen ein DJ der gleichzeitig Alleinunterhalter für die riesige Anzahl an Kindern ist, eine Live-Band von in Mexico enorm populären Marimba (=Xylophon)spielern und – wir haben nicht genau mitgezählt – aber mindestens 100 Gäste. Teresa erzählt uns später, dass
alleine ihre
Verwandtschaft über 80 Personen umfasst. Wir sind auch eingeladen, kommen aber mit unserer noch schnell im Supermarkt gekauften Torte leider etwas zu spät zum Essen und Teresa lädt uns daraufhin sofort zum Weihnachtsbüffet am 24. Dezember ein. Eigentlich wollten wir diesen Tag ganz privat für uns verbringen, aber eine mexicanische Einladung abzulehnen ist einfach unmöglich ohne jemanden zu beleidigen und so finden wir uns am Heiligen Abend im Kreise einer mexikanischen Großfamilie wieder und dürfen an deren Büffet teilnehmen. Wir verabschieden uns dann aber doch ziemlich schnell und wechseln in unseren Unimog, wo wir, wie geplant, ganz gemütlich den Rest des Abends verbringen. Musik brauchen wir dabei keine, denn die Weihnachtsparty der Mexikaner nebenan dauert lautstark bis in den frühen Morgen – Wir finden das wunderbar, denn so ist es halt üblich in Mexico! Am 25. Dezember besuche ich dann, ohne Karl den das weniger interessiert, die Ruinen der alten Mayastätte von Palenque. Anders als in Mexico City, wo es keinerlei Beschreibung gab, habe ich diesmal einen detaillierten Plan mit vielen Hintergrundinformationen über das Volk der Maya,
seine damalige Herrscherdynastie und diese
großartige Anlage in einem meiner Reiseführer mitgebracht. Ich genieße dadurch die Besichtigung der mitten im Dschungel gelegenen und von diesem teilweise überwucherten Ruinen wirklich. Pünktlich mit dem 2. Weihnachtsfeiertag, der in Mexico keiner ist, verabschiedet sich auch der Regen und wir nehmen mit vielen „Abrazos“, den in Mexico üblichen Umarmungen, schweren Herzens Abschied von Teresa und ihren Mitarbeitern.
Silvester nur wir zwei oder „Neues Jahr, Neues Glück“
Unsere Reise führt uns nun noch ein großes Stück weiter ostwärts, zuerst noch lange durch den Dschungel des Tieflandes, wo wir wieder einmal neue Verkehrsschilder kennenlernen, die vor Straßenüberführungen durch Netzbrücken für Affen warnen (vielleicht schmeißen die von dort mit Bananen auf Autofahrer,
keine Ahnung, leider haben wir keinen Affen dort oben gesehen…, dann durchqueren wir den Bundesstaat „Campeche“ mit seinen unendlichen Viehweiden, wo uns seit langem wieder einmal „Campesinos“ und „Rancheros“ auf ihren Pferden begegnen und erreichen nach einigen Tagen „Quintana Roo“, den letzten Bundesstaat, den wir in Mexico besuchen werden. Dieser liegt schon auf der Halbinsel Yucatan, vielen Mexico-Urlaubern bestens bekannt durch die Touristenorte „Playa del Carmen“, „Tulum“ und „Cancun“, um welche wir aber bei unserer Reise ganz sicher einen großen Bogen machen werden, denn das ist nicht das Mexico das wir suchen bzw. erleben möchten. Wir wollen Silvester noch in Mexico verbringen und fahren daher bis zur „Laguna Bacalar“, einer über 50 km langen Süßwasserlagune an der „Costa Maya“, bereits ganz nahe an der Grenze zu Belize. Der Ort selbst ist über die Feiertage ziemlich voll von Touristen aller Art
und wir flüchten schnell aus dem überfüllten Zentrum.
Eigentlich suchen wir einen Campingplatz oder ähnliches für ein paar Tage über Silvester, aber nichts sagt uns so richtig zu, überall nur enge Stellplätze, keine Sicht auf die Lagune. Wir wollen schon an die Küste weiterfahren, da finden wir zufällig einen öffentlichen Strandzugang, eine wunderschöne Anlage, ohne ein einziges Wohnmobil. Ich bin wieder einmal skeptisch, aber Karl fragt trotzdem nach, ob
wir hier für drei Nächte bleiben dürfen und sofort bekommen wir die Zusage und stehen hier ganz alleine, mit einer traumhaften Aussicht auf die Lagune, die auch „Laguna de siete colores“
die Lagune der sieben Farben genannt wird, was sich uns gleich am nächsten Tag bestätigt, als wir sehen, wie die Farben des Wassers, je nach Sonneneinstrahlung von hellblau über türkis bis in viele weitere grün und blau Töne wechselt. Wir überlegen dann zuerst, am 31. Dezember essen zu gehen, haben dann aber eigentlich überhaupt keine Lust, diesen wunderbaren Ort mit einem
zu Silvester sicher überfüllten Touristen-Restaurant einzutauschen. Wir versorgen uns in den
umliegenden, kleinen Lebensmittelgeschäften, an den Obst- und Gemüseständen und beim nahen Fleischhauer mit Lebensmitteln, schwimmen im warmen Süßwasser der Lagune und kaufen, weil es in den kleinen, mexikanischen Geschäften außerhalb des Ortes nichts anderes gibt, eine 1,7 l Flasche Cidre für den Silvesterabend. Den verbringen wir dann in absoluter Ruhe, bei einem wunderbaren, selbst gekochten Essen und einem ganz privaten Rückblick auf das vergangene, ereignisreiche Jahr und stoßen mit unserem Cidre auf ein hoffentlich genauso glückliches 2023 an.
Abschied von Mexico oder „Kein Adios nur Auf Wiedersehen!“
Bevor es dann endgültig über die nahe Grenze nach Belize geht, machen wir dann doch noch einen kurzen Abstecher an die „Costa Maya“, die Karibikküste von Mexico, aber nur in den untersten, ruhigen Teil. Wir besuchen das ehemalige Fischerdorf „Mahahual“, das in einer wunderschönen Lage, direkt am weißen Palmenstrand liegt, den man aber hier fast nicht mehr sehen kann, denn täglich bevölkern im Winter die Passagiere von mindestens zwei riesigen, meistens amerikanischen Kreuzfahrtschiffen den kleinen Ort. Wir schlendern
gemütlich durch das Gewühl von endlos aneinandergereihten Souvenirständen, Restaurants und Beachclubs, essen Eis und genehmigen uns ein paar Bier, etwas außerhalb des Trubels, wo man das Meer noch sehen kann. Dann ergreifen wir schnell
wieder die Flucht, folgen einer winzigen Straße durch den Dschungel und finden schon 20 km südlich des Ortes einen wunderschönen, völlig einsamen Übernachtungsplatz, mitten zwischen Palmen und Büschen, direkt am weißen Karibikstrand neben dem in allen Farben schillernden Meer. Genau solche Traumplätze sind es immer wieder, die einen das Geschenk dieser Reise so richtig bewusst werden lassen und wo man alle dazwischenliegenden Anstrengungen sofort vergisst. Man sitzt einfach nur da und schaut aufs Meer, stundenlang, egal dass es da gar nichts zu sehen gibt, es ist einfach der Genuss der
wechselnden Farben, das
Rauschen der Wellen, die nur zwei Meter vor einem an die einsame Küste schlagen. Am Abend sehen wir dann weit draußen das Kreuzfahrtschiff, das sich wieder
auf den Weg macht – und nicht eine Sekunde möchten wir unser selbstgekochtes Essen im Paradies mit dem Sternemenü dieser Passagiere tauschen! Am nächsten Tag weckt einen nur Vogelgezwitscher und Sonnenschein – So schön kann das
Leben sein. Einen kurzen Schrecken jagen wir dann noch einer Gruppe mexikanischer Soldaten ein, die in ihrem Hummer auf Patroullie in dieser einsamen Gegend sind. Dass da plötzlich ein Unimog mit österreichischen Kennzeichen, mitten im Gebüsch versteckt, an der Küste im Grenzgebiet zu Belize steht, damit haben die Jungs echt nicht gerechnet. Der Mann an der auf dem Aufbau montierten Maschinenpistole versucht ernst zu bleiben, aber alle anderen brechen nach einem kurzen Schreckensmoment in herzliches Lachen aus, als sich herausstellt, dass hier nicht ein LKW voller Drogen versteckt ist, sondern nur zwei Österreicher die die Ruhe genießen.
So, jetzt lässt es sich aber beim besten Willen nicht mehr länger hinausschieben, wir füllen noch einmal unsere Wasserkanister,
diesmal ganz modern beim Automaten, ebenso wie unsere Gasflasche bei „Gas Imperial“ und nach drei wundervollen, ereignisreichen Monaten verlassen wir das liebenswerte Mexico, das uns wirklich unglaublich ans Herz gewachsen ist. Alles ist hier so unkompliziert, nicht ein einziges Mal wurden wir von einem Übernachtungsplatz verjagt, im Gegenteil, an jedem Ort hat man uns nur ganz herzlich willkommen geheißen. Überall wurde uns sofort geholfen wenn wir Hilfe gebraucht haben, trotz der anfänglichen Sprachbarriere, das ist den Mexicanern egal, mit Händen und Füssen wird alles geklärt und wo jemand nicht selbst helfen kann, wird umgehend ein Freund angerufen, der dann gleich kommt und sich um das Problem kümmert. Wir haben die unglaubliche Vielfalt dieses Landes kennengelernt, von den tropischen Küsten, über den Dschungel des Tieflandes bis zu den stolzen Menschen im Hochland.
Wir hatten nicht eine einzige Polizeikontrolle, abgesehen von den üblichen außerordentlich freundlichen Militär-Checkpoints, nicht ein einziges Mal haben wir Korruption erlebt oder waren wir in einer beängstigenden Situation.
Nie war jemand ungeduldig oder unfreundlich mit uns, überall wurden wir mit offenen Armen aufgenommen. Wir Österreicher können uns in diesem Punkt von den Mexicanern eine gewaltige Scheibe abschneiden. Hier wird nicht gejammert über zu wenig oder zu viel Tourismus, sondern die Menschen, egal ob sie reich oder arm sind, wollen, dass ihre Gäste einen wirklich großartigen Eindruck von ihrem schönen Land bekommen bzw. mit nach Hause nehmen und dafür tun sie wirklich alles. So wie es bei uns auch mal war – früher – bevor viele von uns so satt, so ungeduldig und unzufrieden wurden, dass wir Touristen nur mehr als notwendige Geldquelle aber darüber hinaus nur mehr als Störenfriede sehen. Es würde vielen unserer Landsleute nicht schaden einmal darüber nachzudenken – oder noch besser – nach Mexico zu reisen, tief ins Land hinein zu den Einheimischen – Um alles mal wieder von einer anderen Seite zu sehen. Für uns wird es aber jetzt Zeit weiterzuziehen – Auf nach Belize – Also, „Adios, Du liebes, wundervolles Mexico“, aber die Aufenthaltsgenehmigung für den Unimog gilt noch zehn Jahre, daher sagen wir lieber „Hasta la vista“, weil „Wir kommen ganz sicher wieder!!“